„Und das war dann schon immer sehr gruselig.“ – Umgang von Jugendlichen mit algorithmischen Empfehlungssystemen und Kompetenzanforderungen in hybriden Lebenswelten

Kurzbeschreibung

Der Beitrag reflektiert auf Basis von Ergebnissen einer qualitativen Studie zum Umgang Jugendlicher mit algorithmischen Empfehlungssystemen, inwiefern sich in hybriden Lebenswelten neue Kompetenzanforderungen stellen. Dabei liegt ein Schwerpunkt auch auf der Frage, wie Konzepte von Medienkompetenz vor dem Hintergrund einer fortschreitenden Mediatisierung weiterentwickelt werden müssen.

Annahmen über die Folgen der Digitalisierung

Digitale Medien sind in das alltägliche Handeln der Menschen eingebunden. Mit einer fortschreitenden Mediatisierung wird immer deutlicher, dass das Handeln der Menschen nicht in ein soziales Handeln und ein mediales Handelns getrennt werden können. Vielmehr sind Medienhandeln und soziales Handeln stets miteinander verbunden. Davon ausgehend ergeben sich aus medienpädagogischer Sicht mehrere Fragen dazu, welche Bedeutung dem Medienhandeln im Prozess der Sozialisation zukommt. Veränderungen, die mit einer zunehmenden Mediatisierung einhergehen, sind einerseits, dass immer mehr Kommunikation (die ursprünglich vor allem in face-to-face-Konstellationen gedacht war) medial vermittelt stattfindet - und das auf unterschiedlichsten Wegen, wie beispielsweise über Kommentare, Chats oder Ähnliches. Andererseits werten Algorithmen in zahlreichen Angeboten, wie zum Beispiel TikTok, aus, wie Nutzer*innen mit Inhalten umgehen. Diese Auswertungen bilden dann die Basis für das, was einzelnen Nutzer*innen individualisiert angezeigt wird. Es kann davon ausgegangen werden, dass in solchen Angeboten zum einen sozialen Bezügen eine größere Bedeutung zukommt, diese für die Individuen jedoch beinahe unmöglich nachzuvollziehen sind. Eine zentrale Veränderung besteht zusammenfassend also darin, dass Medien nicht nur mit der Lebenswelt verwoben sind, sondern auch in Form einer algorithmischen Steuertúng Einfluss auf die wahrnehmbare Lebenswelt ausüben.

Kompetenzanforderungen

Die Autor*innen heben besonders Kompetenzanforderungen sowohl mit Blick auf Reflexion bezüglich algorithmischer Empfehlungssysteme als auch auf kognitiver und affektiver Ebene hervor. Genaueres dazu ist auch im Abschnitt zu Kompetenzdimensionen thematisiert.

Kompetenzdimensionen

Instrumentell-qualifikatorische Dimension: Bedienen von Anwendungen Künstlicher Intelligenz; Programmierkenntnisse.

Kognitive Dimension: Wissen um die Funktionsweise von Anwendungen Künstlicher Intelligenz.

Affektive Dimension: Mit Gefühlen wie z.B. Grusel, die bei der Nutzung algorithmischer Empfehlungssysteme entstehen, umgehen bzw. diese verarbeiten können.

Kritisch-reflexive Dimension: Wissen um und Reflexion von Anwendungen Künstlicher Intelligenz; Reflexion des wechselseitigen Verhältnisses von Anwendungen Künstlicher Intelligenz und Menschen; algorithmische Analyse des Medienhandelns erkennen und bewerten; KI-Technologien und Konsequenzen des eigenen Handelns in solchen Räumen angemessen einschätzen können.

Zentrale theoretische Annahmen über Kompetenz

keine Angabe

Perspektive der Kompetenzträger*innen auf Kompetenz einbezogen?

keine Angabe

Lebenskontexte der Kompetenzträger*innen einbezogen?

Die Autor*innen beschreiben einen wechselseitigen Einfluss verschiedener Akteure und Faktoren im Prozess der Sozialisation, beispielsweise individuelle Faktoren des Subjektes, wie gelernte Kompetenzen oder bewusste Handlungsziele, aber auch soziale Faktoren der Lebenswelt des Subjektes und mediale Rahmenbedingungen. In der Erhebung wurde auf ein möglichst diverses Sample geachtet mit Blick auf die individuellen Faktoren Alter, formaler Bildungshintergrund, Geschlecht sowie Migrationsgeschichte.

Herausforderungen der Erfassung von Kompetenz

keine Angabe

Zentrale empirische Befunde über Kompetenz

keine Angabe

Quellenangabe

Schober, M., Cousseran, L., Lauber, A., & Brüggen, N. (2022). „Und das war dann schon immer sehr gruselig.“ – Umgang von Jugendlichen mit algorithmischen Empfehlungssystemen und Kompetenzanforderungen in hybriden Lebenswelten. Diskurs Kindheits- und Jugendforschung, 4, 437-451. https://doi.org/10.3224/diskurs.v17i4.05

Sonstige Anmerkungen

Im Ergebnis zeigt sich, dass sich die befragten Jugendlichen durch das eigene Handeln mit algorithmischen Empfehlungssystemen Wissen darüber aneignen. Andere Quellen, wie beispielsweise die Schule, Familie und Freund*innen sowie mediale Informationen spielen hingegen eine untergeordnete Rolle, wenn es um das Thema digitale Medien und KI geht. Dabei ist allen teilnehmenden Jugendlichen bewusst, dass die Nutzung ihrer Social-Media-Angebote mit der Preisgabe von Daten einhergeht. Die Jugendlichen gehen unterschiedlich mit algorithmischen Empfehlungssystemen um: Während manche gezielt versuchen, den Algorithmus ihren Wünschen gemäß anzupassen, indem sie beispielsweise Inhalte, die sie mögen, liken, versuchen andere den Informationsfluss an das algorithmische Empfehlungssystem eher zu minimieren.

Zuletzt geändert am 21. Dezember 2022.