Kompass: Künstliche Intelligenz und Kompetenz 2023 – Einstellungen, Handeln und Kompetenzentwicklung im Kontext von KI

Kurzbeschreibung

Wie schätzt die deutschsprachige Bevölkerung die eigene Digital- und Medienkompetenz ein? Wie bewertet sie die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz für sich selbst, aber auch mit Blick auf die Gesellschaft? Und in welchen Zusammenhängen haben die Bürger*innen die Kompetenzen erworben? Diese Fragen stehen im Fokus der vorliegenden Studie, die auf einer repräsentativen telefongestützten Befragung basiert. Die Studie beleuchtet dabei nicht nur, wie die Befragten sich im Umgang mit digitalen Medien einschätzen, sondern auch wie relevant für sie solche Fähigkeiten sind. Weiterhin werden Hintergründe aufgezeigt, die für die Entwicklung von Digital- und Medienkompetenz von Bedeutung sein können: vor allem Vorstellungen von und Einstellungen gegenüber Künstlicher Intelligenz sowie der Umfang und die Intensität der Nutzung digitaler Medien und Systeme.

Annahmen über die Folgen der Digitalisierung

Künstliche Intelligenz findet Einsatz in immer weiteren Bereichen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens, zum Beispiel in der Medizin oder im Bildungsbereich. Menschen kommen in ihrem Alltag über unterschiedliche digitale Medien mit KI in Berührung und benötigen dementsprechend Kompetenzen im Umgang damit.

Kompetenzanforderungen

In der Studie werden verschiedene Kompetenzanforderungen im Umgang mit digitalen Medien bzw. Künstlicher Intelligenz angesprochen. Unter diese Anforderungen fallen instrumentell-qualifikatorische, kognitive, kritisch-reflexive, kreative, soziale und emotionale Fähigkeiten. Detailliert werden diese in der Rubrik Kompetenzdimensionen aufgeführt.

Kompetenzdimensionen

Instrumentell-qualifikatorische Dimension: Technische Schwierigkeiten beim Umgang mit Medien selbstständig beheben können; Einstellungen den eigenen Wünschen entsprechend ändern können; Wissen, wie man Datenschutzeinstellungen anpassen kann; Wissen, wie man Standorteinstellungen deaktivieren; Wissen, wie man Aufzeichnungen von Websites löscht; Wissen, wie man das eigene Gerät schützen kann.

Kognitive Dimension: Wenn man Fragen hat, online passende Informationen finden können; die Glaubwürdigkeit von Quellen einschätzen können; Wissen, wie man erkennen kann, ob ein WLAN-Netz sicher ist.

Affektive Dimension: Inhalte bedürfnisorientiert auswählen können; Grenzen in der eigenen Mediennutzung setzen können; digitale Medien so nutzen, dass es einem guttut.

Kreative Dimension: kreative Inhalte erstellen können; kreative Inhalte mit anderen teilen können.

Soziale Dimension: respektvoll auf Inhalte anderer reagieren können; kreative Inhalte mit anderen teilen können.

Kritisch-reflexive Dimension: Risiken der Nutzung von digitalen Medien und Online-Diensten erkennen können; die eigene Privatsphäre schützen können; Grenzen in der eigenen Mediennutzung setzen können.

Zentrale theoretische Annahmen über Kompetenz

Die Autor*innen gehen von Kompetenzen als „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten [...], um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösung in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können" aus (S. 16). Kompetenz wird als Prozess begriffen. Das bedeutet: Individuen entwickeln Kompetenz im Handeln. Dieses Handeln wiederum ist vor dem Hintergrund medial und gesellschaftlich geprägter Anforderungen zu denken. Der Begriff Digitalkompetenz wird als eine Klammer für verschiedene Kompetenzbegriffe verstanden, die jeweils unterschiedliche Schwerpunkte setzen (zum Beispiel Medienkompetenz, Datenkompetenz und spezielle KI-bezogene Kompetenzen) verstanden.

Perspektive der Kompetenzträger*innen auf Kompetenz einbezogen?

Im Rahmen der Studie wurde sowohl nach der Selbsteinschätzung von Kompetenzen als auch nach einer Beurteilung der gesellschaftlichen Relevanz dieser Kompetenzen gefragt. Über diese beiden Zugänge wurde die Perspektive der Befragten auf Kompetenz eingebunden.

Lebenskontexte der Kompetenzträger*innen einbezogen?

Kompetenz wird im Kontext verschiedener Kontexte gedacht. So weisen die Autor*innen beispielsweise darauf hin, dass Medienhandeln, das für Kompetenzentwicklung entscheidend ist, immer in ein Zusammenspiel aus individuellen Bedürfnissen, gesellschaftlichen Erwartungen sowie medialen Bedingungen eingebunden ist. In die Auswertung der Ergebnisse wurden verschiedene Kontextfaktoren, vor allem auf individueller Ebene, einbezogen. Darunter einerseits Einstellungen gegenüber Künstlicher Intelligenz sowie die Breite und Intensität der Mediennutzung andererseits aber auch Faktoren, wie Alter, Geschlecht, formale Bildung und Beruf. So wurden beispielsweise unterschiedliche Berufsgruppen (IT-Branche, schulischer Bildungsbereich, Pflege sowie Mitarbeitende im öffentlichen Dienst) oder Altersgruppen miteinander verglichen.

Herausforderungen der Erfassung von Kompetenz

Die Autor*innen weisen darauf hin, dass in dieser Studie erhoben wurde, wie kompetent sich Menschen im Umgang mit digitalen Medien und Systemen erleben. Darüber lassen sich nicht direkt Aussagen machen, inwiefern im Handeln der Menschen auch Medien- und Digitalkompetenz sichtbar wird.

Zentrale empirische Befunde über Kompetenz

Viele Befragte haben ein eher vages Verständnis davon, was Künstliche Intelligenz ist. Als Expert*innen schätzen sich mit zwei Prozent der Befragten nur wenige ein. Die meisten Studienteilnehmenden sind sich Grundlagen zum Verständnis von Künstlicher Intelligenz bewusst. Dazu zählt etwa, dass Menschen beim Programmieren von Künstlicher Intelligenz eine bedeutende Rolle spielen oder dass eine Künstliche Intelligenz aus Daten lernt, auch aus den eigenen. Eine Herausforderung sehen die Befragten für sich aber darin, zu wissen, woran sie erkennen können, ob Unternehmen mit den eigenen Daten verantwortungsvoll umgehen. Das Thema Datenschutz ist für fast alle Befragten (eher) wichtig. Zugleich schätzen sie ihre Fähigkeiten bezüglich des Umsetzens von Datenschutz zum Teil deutlich verhaltener ein. Neben dem Datenschutz schreiben die Befragten weiteren Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Medien eine wichtige Rolle zu. Während jedoch zahlreichen Kompetenzanforderungen Relevanz zugeschrieben wird, klaffen Unterschiede zwischen Selbst- und Relevanzeinschätzung vor allem bei drei Aspekten deutlich auseinander: Zu erkennen, wem man im Netz vertrauen kann und wem nicht, die Glaubwürdigkeit von Quellen einzuschätzen sowie Risiken der Nutzung digitaler Medien erkennen zu können, erachten viele zwar als wichtig, schätzen sie aber nicht als besonders gut ausgeprägt bei sich selbst ein. Kreative Fähigkeiten erfahren (gegenüber anderen Kompetenzdimensionen) eher weniger Anerkennung.

Quellenangabe

Cousseran, L., Lauber, A., Herrmann, S., & Brüggen, N. (2023). Kompass: Künstliche Intelligenz und Kompetenz 2023. Einstellungen, Handeln und Kompetenzentwicklung im Kontext von KI. kopaed. https://zenodo.org/records/10058588

Sonstige Anmerkungen

Menschen ist vor allem Gegenständliches präsent, wenn sie an KI denken – zum Beispiel Roboter, aber auch andere Hardware. Auch im Alltag verbinden die Befragten mit KI vor allem Geräte – besonders das Smartphone. Einstellungen gegenüber KI rahmen den Kompetenzerwerb. Daher werden Ergebnisse zu KI-Einstellungen hier ebenfalls aufgeführt. Ein großer Teil der Befragten bewertet Künstliche Intelligenz ambivalent, sieht darin also einerseits Chancen, andererseits aber auch Risiken. Dies ist sowohl der Fall, wenn die Befragten ihr persönliches Leben vor Augen haben, als auch, wenn sie Folgen für die Gesellschaft bedenken. Nur etwa jede*r Zehnte bewertet Künstliche Intelligenz eindeutig als Chance oder als Gefahr. Die meisten Studienteilnehmenden sind sich darin einig, dass die Abhängigkeit von Technologie durch Künstliche Intelligenz zukünftig größer wird. Es werden aber auch Chancen gesehen. So kann sich beispielsweise eine Mehrheit der Befragten vorstellen, dass Künstliche Intelligenz in der Medizin eine Stütze beim Erstellen von Diagnosen und Therapievorschlägen sein kann.

Zuletzt geändert am 27. September 2024.