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Zur Vielfalt an Kompetenzbegriffen im Kontext des digitalen Wandels

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Zur Vielfalt an Kompetenzbegriffen im Kontext des digitalen Wandels

Oder: wie Medien-, Daten-, Digital- und KI-Kompetenz zueinanderstehen

Müssen Kompetenzbegriffe verändert oder erweitert werden, wenn sich digitale, mediale und technische Möglichkeiten ändern? Um diese Frage zu beantworten, beschreiben die Autor*innen die Entwicklung der Kompetenzbegriffe. Daraus kann abgeleitet werden, wie Kompetenzen im Umgang z. B. mit Medien, Daten und KI in den verschiedenen Altersgruppen gefördert werden können.

Warum die Abgrenzung der Kompetenzbegriffe nicht trivial ist

Da heutige Medien auf der Basis digitaler Systeme arbeiten und Daten verarbeiten, gibt es bei den Begriffsdefinitionen von Medienkompetenz, Digitalkompetenz, Datenkompetenz und KI-Kompetenz (präziser eigentlich KI-bezogene Kompetenz) Überschneidungen. Klare und eindeutige Abgrenzungen der Begriffe sind unmöglich – solche Grenzziehungen wären aus unserer Sicht auch nicht sinnvoll. Vielmehr muss bei der Definition eines jeden Kompetenzbegriffs der digitale Wandel auf den jeweiligen Gegenstandsbereich bezogen werden. Das ‚Digitale‘ muss sich also zwingend in aktuellen Kompetenzbegriffen wiederfinden und diese verbinden.

Hinter der Begriffsbildung ‚Digitalkompetenz‘ steht die Annahme, dass es neue Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Systemen braucht – so ist es beispielsweise im europäischen Kompetenzrahmen für digitale Kompetenzen „DigComp“ (Carretero et al. 2017) formuliert. Ausgehend von verschiedenen Kompetenzbereichen werden hier Kompetenzdimensionen beschrieben, die für den Umgang mit digitalen Medien und Systemen notwendig scheinen, um an Gesellschaft und Wirtschaft teilhaben zu können.

Konkret geht es dabei beispielsweise um die „Beurteilung von Daten, Informationen und digitalen Inhalten“ (Kompetenzdimension 1.2). Benannt wird hier die Kompetenzanforderung, Daten, Informationen und digitale Inhalte analysieren, interpretieren und auf ihre Glaubwürdigkeit überprüfen zu können. Nahezu die gleichen Kompetenzanforderungen wurden bereits in den 1990er-Jahren als Teil von Medienkompetenz in der Dimension der Medienkritik bspw. als „Verfügung über Kriterien, um Medieninformationen auf ihre Stichhaltigkeit und Relevanz hin beurteilen zu können“ (vgl. Ganguin 2004, S. 2) beschrieben. Das ist nur eine der aktuell diskutierten Kompetenzanforderungen, bei der sich die oben postulierten Überschneidungen zwischen den Begriffen ‚Medienkompetenz‘ und ‚Digitalkompetenz‘ aufzeigen lassen.

Damit wird die Frage virulent, inwieweit es denn überhaupt neue Kompetenzbegriffe braucht. Je nach theoretisch-konzeptioneller Positionierung und/oder Phänomenfokus wird diese Frage unterschiedlich beantwortet.

Eine Annäherung über den Medienkompetenz-Begriff

Mit Fokus auf den Medienbereich und den theoretisch-konzeptionellen Ausgangspunkt von Medienkompetenz ist der Bedarf an einem neuen Begriff – den konzeptionellen Grundlagen etwa von Baacke (1998) oder Schorb und Wagner (2013) folgend – eigentlich gering. Das resultiert daraus, dass der Begriff ‚Medienkompetenz‘ aus dem sprachphilosophischen Ansatz von Noam Chomsky abgeleitet wurde – und nicht aus einem psychologischen Kompetenzbegriff, wie das heute vermehrt der Fall ist. Damit sind eine Reihe von Implikationen verbunden, die Einfluss darauf haben, wie der Begriff ‚Medienkompetenz‘ definiert und konkretisiert wird (siehe auch „Ganguin et al. 2020).

Erstens ist für das sprachphilosophisch fundierte Konzept die Unterscheidung von Kompetenz und Performanz wesentlich. Mit ‚Performanz‘ ist dabei das in konkreten Situationen gezeigte Handeln gemeint, wohingegen ‚Kompetenz‘ die Fähigkeit bezeichnet, dieses Handeln hervorzubringen. So betrachtet beschreiben viele Kompetenzmodelle Performanzen, wenn beispielsweise die Fähigkeit, „Dateien gezielt in einem Dateisystem abspeichern können“ gefordert wird. Die dafür notwendige Kompetenz bleibt damit unbenannt. Die Kompetenzbeschreibungen in Medienkompetenzmodellen dieser Tradition (wie bspw. von Baacke 1998 oder Schorb 2005) sind damit zwingend abstrakter, wie bspw. „ethische Werturteile über Medien(-inhalte) fällen können, indem soziale Konsequenzen der Medienentwicklung berücksichtigt werden“.

Zweitens – und als Folge daraus – sind die Kompetenzbeschreibungen in Modellen dieser sprachphilosophisch fundierten Tradition so angelegt, dass aktuelle Entwicklungen im Phänomenbereich Medien für kompetentes Handeln berücksichtigt werden müssen. Während also die Kompetenzdimensionen relativ abstrakt und damit  formuliert sind, müssen diese im Lichte aktueller Entwicklungen auf das Handeln bezogen werden, um zu konkreten Kompetenzbeschreibungen zu gelangen. Das gilt dann auch für die zunehmende Bedeutung von informationsverarbeitenden Systemen im Medienbereich. Damit braucht es die Konkretisierung einer ‚digitalen‘ Medienkompetenz eigentlich nicht. Vielmehr ist den beschriebenen Definitionen von Medienkompetenz implizit, dass die Kompetenzen immer wieder neu entsprechend der Medienentwicklung und den gesellschaftlichen Veränderungen konkretisiert werden müssen. Konkret würde das heißen, dass eben die Bedeutung von digitalen Medien und Systemen für das Medienhandeln reflektiert und der Medienkompetenzbegriff vor diesem Hintergrund sowieso zu aktualisieren ist.

Aus dieser Position betrachtet erscheint es also nicht notwendig, einen neuen Begriff einzuführen – zumindest, wenn geforderte Kompetenzen im Medienbereich im Fokus stehen. Diese reichen dann vom Einrichten eines Routers über die Kritik und Gestaltung medialer Inhalte sowie die Beantwortung der Frage, wie die Verarbeitung von personenbezogenen Daten zu bewerten ist, bis hin zu Implikationen digitaler Informationsverarbeitung für Wertschöpfungsketten im Medienbereich.

Der Zugang über die Datenkompetenz-Modellierung

Zu einer anderen Antwort würde man allerdings kommen, wenn der Phänomenbereich anders gewählt wird – wenn beispielsweise der Ausgangspunkt die Verarbeitung von Daten ist. Diese findet nicht nur im Medienbereich statt. Es ließen sich zahlreiche Anwendungsbeispiele nennen und zweifelsohne braucht es einen Begriff, um die hier benötigten Kompetenzen zu beschreiben.

Auf derartige Kompetenzen wird unter dem Begriff ‚Datenkompetenzen‘ fokussiert, aber auch in den Modellen zum Begriff ‚Digitalkompetenz‘ finden sich entsprechende Kompetenzanforderungen. Startpunkt der Überlegungen ist dann aber nicht, wie sich digitale Datenverarbeitung in der Lebenswelt der Bürger*innen manifestiert und welche Kompetenzanforderungen daraus erwachsen (dies ist der Fokus im Projekt Digitales Deutschland). Vielmehr ist beispielsweise beim „Future Skills Framework“ (Schüller et al. 2019) der ‚data life cycle‘ der Bezugspunkt für die Ableitung von Kompetenzanforderungen. Damit geraten auch Kompetenzen in den Blick, die als Expert*innen-Wissen bezeichnet werden können, die aber nicht für alle Mitglieder der Gesellschaft erforderlich sind, wenn sie kompetent handeln wollen. Vielmehr sind es in vielen Anwendungsfällen sogar Bereiche, die den Nutzer*innen von datenverarbeitenden Systemen nicht zugänglich und damit unverfügbar sind (vgl. Brüggen 2022).

Bei Kompetenzmodellen, die sich mit der Bedeutung von Künstlicher Intelligenz befassen, steht ebenfalls die Verarbeitung von Daten im Zentrum. Hier allerdings stärker mit dem Fokus auf die aus der Datenverarbeitung durch KI-Systeme resultierenden Entscheidungen und für die Nutzer*innen der Systeme (bspw. Teuber et al. 2022). Strukturell ist damit ein ähnlicher Ansatzpunkt gewählt wie bei der Datenkompetenz, denn es wird die jeweilige charakteristische Form der Verarbeitung von digitalen Daten betont.

Ein Vorschlag zur Systematisierung der Kompetenzbegriffe

Die verschiedenen aufgezeigten Begriffe und Modellierungsperspektiven lassen sich mithilfe einer Differenzierung von Thomas Knaus auf der Basis der obigen Ausführungen zueinander in ein Verhältnis setzen. Knaus (2020) unterscheidet in Anlehnung an das OSI-Schichtenmodell aus der Informatik zwischen drei Ebenen: Das Phänomenfeld ist die technisch-physikalische Basis, also Hardware, Netzwerkstrukturen etc. (siehe Abbildung 1). Darüber liegt die Applikationsebene, auf der in der Software verankerte Prozesse und Verfahrensweisen – beispielsweise der Datenverarbeitung – betrachtet werden. Gemeint sind hier konkrete Apps und diese steuernden Algorithmen, bspw. algorithmische Empfehlungssysteme. Eine Ebene höher ist die mediale Oberfläche zu denken, auf der im Sinne eines Dialogsystems Bilder, Videos etc. ausgegeben werden, mit denen die Menschen interagieren können.

Während Knaus dieses Modell für den Phänomenbereich Medien entwickelte, kann es auch für non-mediale, digitale Phänomene adaptiert werden (wie z. B. eine digitale Steuerung von Rollladen- oder Lichtsystemen im Smart Home). Für die Differenzierung der Begriffe ‚Medienkompetenz‘, ‚Datenkompetenz‘ und ‚Digitalkompetenz‘ sowie ‚KI-bezogene Kompetenz‘ ist diese Unterscheidung wesentlich.

Differenzierung der Begriffe Medien-, Daten-, Digitalkompetenz und KI-bezogener Kompetenzen (eigene Darstellung)
Abbildung 1: Differenzierung der Begriffe Medien-, Daten-, Digitalkompetenz und KI-bezogener Kompetenzen (eigene Darstellung)

Medienkompetenz umfasst demnach – bezogen auf den Pänomenbereich digitale Medien und Systeme – alle drei Ebenen: die technisch-physikalische Basis, die Applikationsebene sowie die mediale Ebene. Dabei steht angesichts des digitalen Wandels besonders im Fokus, welche Wechselwirkungen zwischen der medialen Ebene und der Applikationsebene zu beobachten sind (dargestellt mit den gebogenen grünen  Pfeilen). Für ein Verständnis dieser Wechselwirkungsprozesse ist auch Wissen und Handlungskompetenz im Hinblick auf die Datenströme zwischen den Ebenen notwendig. Damit muss dies ebenfalls als Gegenstand der Medienkompetenz (im Zuge der digitalen Transformation) betrachtet werden (kleine grüne Pfeile zwischen den Ebenen).

Der Begriff ‚Datenkompetenz‘ bezieht sich sowohl auf non-mediale als auch auf mediale digitale Phänomene. Dabei ist zentral, welche Bedeutung die Erfassung, Verarbeitung und Ausgabe von Daten hat (dargestellt über die gelben Pfeile zwischen den Ebenen).

Kompetenzen in Bezug auf Künstliche Intelligenz sind dabei ein Sonderfall, da hier die Verarbeitung von Daten durch KI-Systeme im Fokus steht (blaue Pfeile). Zudem wird bei KI-bezogenen Kompetenzen auch die mediale Ebene adressiert, wenn bspw. im Kontext von Deep Fakes die Möglichkeit, Bilder zu generieren, thematisiert wird. Nach diesem Schema wäre Digitalkompetenz eher ein Klammerbegriff für diese phänomenbezogenen Kompetenzen als ein eigenständiger Kompetenzbegriff.

Die Kompetenzträger*innen im Blick

Wenn Kompetenzmodelle und darauf aufsetzende Studien dafür genutzt werden sollen, konkrete Maßnahmen zur Förderung von Kompetenzen zu begründen, ist entscheidend, welche Personengruppen im Fokus standen. In der übergreifenden Auswertung des Forschungsstandes im Bereich Medienkompetenz in Deutschland wurden verschiedene Schwerpunkte und Unterschiede deutlich (vgl. Berg et al. 2023)1:

Während Kinder und Jugendliche bereits seit Langem in der Forschung zu Medienkompetenz im Mittelpunkt stehen, sind Studien zu den anderen Alterssegmenten in der Bevölkerung seltener, zudem weisen sie deutliche Unterschiede auf. Erwachsene standen in Untersuchungen vornehmlich in ihrer Funktion, Kompetenzen an Kinder und Jugendliche zu vermitteln, im Fokus – sei es als Eltern, Erziehende oder Lehrkräfte. Mittlerweile werden sie aber auch hinsichtlich ihrer eigenen Kompetenzen für ihre Lebensführung betrachtet.

Aktuelle Studien zu dieser Altersgruppe lassen sich in die Bereiche Bereiche ‚Arbeit, Bildung und Beruf‘, ‚Freizeit und Unterhaltung‘ sowie ‚gesellschaftliche Teilhabe und zivilgesellschaftliches Engagement‘ einteilen. Entsprechend werden auch unterschiedlich akzentuierte Kompetenzmodelle beziehungsweise unterschiedliche Operationalisierungen verwendet, um einen Einblick in die vorhandenen Kompetenzen der Menschen im Erwachsenenalter zu gewinnen. Das Zusammenwirken von Kompetenzen in unterschiedlichen Lebensbereichen kann somit bislang kaum nachvollzogen werden. Und auch der Heterogenität der Zielgruppe wird bislang nur selten Rechnung getragen – beispielsweise in Studien zu bestimmten Personengruppen wie Frauen oder Menschen mit Migrationsgeschichte.

In gesteigerter Form gilt dies auch für Personen in höherem Alter. In Vergleichsstudien mit der Gesamtbevölkerung erscheint diese Bevölkerungsgruppe tendenziell defizitär, wobei die Heterogenität auch im dritten und vierten Lebensalter  enorm ist. Allein auf der Studienlage basierend ist eine weitergehende Differenzierung kaum möglich. Wenn aber, wie in einer qualitativen Studie im Projekt Digitales Deutschland, auch die Bildungsangebote für die Zielgruppe als Datenquelle miterfasst werden, zeigt sich, dass ein Schwerpunkt auf die Bedienkompetenzen sowie die Teilhabe an sozialer Interaktion gelegt wird. Formen der gesellschaftlichen Partizipation, wie beispielsweise über die Teilnahme an öffentlichen Debatten, werden dabei nicht beleuchtet (Hartung-Griemberg und Bogen 2023) – ein Thema, bei dem eher jüngere Altersgruppen in der Forschung im Fokus stehen.

Über die Altersgruppen hinweg wird also deutlich, dass in der Forschung durchaus unterschiedliche Kompetenzbereiche akzentuiert werden – teils in den grundgelegten Kompetenzbegriffen und teils auch nur in der empirischen Umsetzung der Studien.

Systematisierung mithilfe der Kompetenzdimensionen

Um Unterschiede bezüglich der für verschiedene Bevölkerungsgruppen verwendeten Kompetenzbegriffe zu betrachten sowie um die Breite der Digitalkompetenz abzudecken, wurde in ‚Digitales Deutschland‘ der Weg gewählt, Kompetenzdimensionen zu differenzieren. Diese sind das Ergebnis einer Systematisierung von Kompetenzbegriffen im Rahmen des Projekts (Digitales Deutschland 2021). Die Kompetenzdimensionen sind zu verstehen als Bündel von Kompetenzanforderungen, die für unterschiedliche Phänomenbereiche gültig sind.

  • instrumentell-qualifikatorische Dimension: auf die Bedienung bezogene Fähigkeiten und Fertigkeiten
  • kognitive Dimension: Fähigkeiten zur kognitiven Auseinandersetzung mit Inhalten und Systemen
  • affektive Dimension: Fähigkeiten zur Stimmungs- und Selbstregulation im Medienhandeln
  • kreative Dimension: unterschiedliche auf die (Medien-)Gestaltung bezogene Fähigkeiten und Fertigkeiten
  • soziale Dimension: Fähigkeiten und Fertigkeiten, die für Kollaboration, Partizipation und für digitale Kommunikation zwischen Menschen und in Gruppen relevant sind
  • kritisch-reflexive Dimension: Fähigkeiten, die eine sozial und ethisch verantwortliche Betrachtung und Bewertung von digitalen Medien und Systemen ermöglichen (ausführlich siehe Digitales Deutschland 2021).

Insgesamt decken die Kompetenzdimensionen drei Bereiche ab: den kognitiven Bereich, den affektiven und den handlungsbezogenen Bereich (siehe Abbildung 2). Der Umgang mit KI-Technologien betrifft zum Beispiel im kognitiven Bereich die Wahrnehmung und Bedeutungskonstruktion über KI sowie im affektiven Bereich die emotionale und affektive Einordnung des Umgangs mit KI. Der Handlungsbereich umfasst dementsprechend Praktiken des selbstbestimmten und sozialverantwortlichen Umgangs mit KI-Technologien.

Diese Einteilung hat einen analytischen Charakter. Zum Teil hängen Kompetenzen in unterschiedlichen Bereichen und Dimensionen eng miteinander zusammen. So wird in der kritisch-reflexiven Dimension ggf. auch auf Fähigkeiten und Fertigkeiten aus der affektiven Dimension oder der sozialen Dimension zurückgegriffen.

Bereiche von Digitalkompetenz (eigene Darstellung, angelehnt an Swart 2021, Sūna 2023, Oeldorf-Hirsch und Neubaum 2023)
Abbildung 2: Bereiche von Digitalkompetenz (eigene Darstellung, angelehnt an Swart 2021, Sūna 2023, Oeldorf-Hirsch und Neubaum 2023)

Bezogen auf den Gegenstandsbereich der KI-Technologie umfasst diese Kompetenzbündelung dann beispielsweise folgende Aspekte :

  • das Bewusstsein und das Wissen über die Rolle von KI-getriebenen Prozessen in digitalen Medien und Anwendungen (Online-Apps, Social-Media-Plattformen, Online-Dienste)
  • das Wissen über die Funktionsweise von KI-Anwendungen
  • die Fähigkeit, KI-geprägte Entscheidungen kritisch und affektiv zu bewerten und zu hinterfragen und die Konsequenzen für sich und die Gesellschaft zu bewerten
  • die Fähigkeit, mit der Prägekraft von KI-Anwendungen umzugehen sowie diese ggf. zu bewältigen und zu beeinflussen und mit dieser sozial verantwortlich umzugehen.

Bei der Konkretisierung dieser Kompetenzbeschreibung muss dann entsprechend der oben geführten Argumentation auf die verschiedenen Begriffe Medienkompetenz, Datenkompetenz und KI-bezogenen Kompetenzen zurückgegriffen werden. Die Differenzierung der Bereiche und Dimensionen ermöglicht dabei zu betrachten, inwieweit die herangezogenen Definitionen diese umfassend beleuchten oder eben blinde Flecken beinhalten.

Für eine umfassende Betrachtung des Phänomenfelds der Digitalkompetenz

Vor dem Hintergrund der in der Datenbank von ‚Digitales Deutschland‘ erfassten Texte wird deutlich, dass in den meisten empirischen Studien die kognitive Dimension sowie die instrumentell-qualifikatorische Dimension im Vordergrund stehen. Um eine ganzheitliche Betrachtung der vorhandenen Kompetenzen in der Bevölkerung zu erreichen, müssen aber auch die affektive Dimension sowie die soziale Dimension in den Fokus gerückt werden.

Diese Dimensionen, so zeigen unsere Studien, spielen eine bedeutende Rolle für den kompetenten Umgang mit digitalen Medien und auch für die Einstellung gegenüber KI (vgl. Cousseran und Brüggen 2022; Sūna und Hoffmann 2022). So wird deutlich, dass Emotionen einen großen Einfluss auf die Einstellung zu KI-Technologien und auf die Offenheit, sich damit zu befassen, haben. Ebenso erweisen sich kreativ-erforschende Herangehensweisen an KI-Technologien als hilfreich, um KI-Systeme an eigene Ziele anzupassen. Damit sind sie ebenso entscheidend im Hinblick auf den Abbau von Nutzungshürden wie auf Fähigkeiten im kognitiven Bereich. Über die Kompetenzdimensionen ist es so möglich, eine gegenstandsbezogene Konkretisierung des Kompetenzbegriffs als Grundlage der empirischen Arbeit wie auch der pädagogischen Praxis zu nutzen. Hierzu sollen die in diesem Artikel gebündelten Gedanken Anregungen geben.

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  1. Das Monitoring des Projekts ‚Digitales Deutschland‘ bietet neben anderen Filtermöglichkeiten der Datenbank auch die Möglichkeit, unterschiedliche Altersgruppen auszugeben.

Literatur

  1. Baacke, Dieter (1998): Zum Konzept und zur Operationalisierung von Medienkompetenz. Online verfügbar unter http://www.produktive-medienarbeit.de/ressourcen/bibliothek/fachartikel/baacke_operationalisierung.shtml, zuletzt geprüft am 31.10.2022.
  2. Berg, Katja; Bogen, Cornelia; Brüggen, Niels; Cousseran, Laura; Hartung-Griemberg, Anja; Lauber, Achim et al. (2023): Kompetenzen für den digitalen Wandel: Eine altersdifferenzierte und lebensphasenübergreifende Perspektive. In: Ludwigsburger Beiträge zur Medienpädagogik.
  3. Brüggen, Niels (2022): Welche Datenkompetenz darf es bitte sein? Ein Blick auf Kompetenzmodelle zum Umgang mit Daten. Im Online-Magazin „kompetent. Wissen, Fühlen, Handeln im digitalen Wandel“. Im Rahmen des Projektes Digitales Deutschland (4). Online verfügbar unter https://digid.jff.de/magazin/daten/datenkompetenzmodelle/, zuletzt geprüft am 17.09.2023.
  4. Cousseran, Laura; Brüggen, Niels (2022): Affektiv kompetent. Im Online-Magazin „kompetent. Wissen, Fühlen, Handeln im digitalen Wandel“. Im Rahmen des Projektes Digitales Deutschland (3). Online verfügbar unter https://digid.jff.de/magazin/emotionen/affektiv-kompetent/, zuletzt geprüft am 20.05.2022.
  5. Digitales Deutschland (2021): Rahmenkonzept. Online verfügbar unter https://digid.jff.de/rahmenkonzept.
  6. Ganguin, Sonja; Gemkow, Johannes; Haubold, Rebekka (2020): Medienkritik zwischen Medienkompetenz und Media Literacy. Medien- und subjektspezifische Einflüsse auf die medienkritische Decodierungsfähigkeit. In: MedienPädagogik (37), S. 51–66. DOI: 10.21240/mpaed/37/2020.07.03.
  7. Hartung-Griemberg, Anja; Bogen, Cornelia (2023): Digitale Partizipation im höheren Lebensalter zwischen Programmatik und Praxis. Fokus-Auswertung im Rahmen des Projektes Digitales Deutschland. Online verfügbar unter https://digid.jff.de/fokus-auswertung-zu-partizipation/, zuletzt geprüft am 17.09.2023.
  8. Knaus, Thomas (2020): Von medialen und technischen Handlungspotentialen, Interfaces und anderen Schnittstellen – eine Lesson in Unlearning. In: Thomas Knaus und Olga Merz (Hg.): Schnittstellen und Interfaces. Digitaler Wandel in Bildungseinrichtungen. München: kopaed (FraMediale), S. 15–72. Online verfügbar unter https://www.researchgate.net/publication/338805767_Von_medialen_und_technischen_Handlungspotentialen_Interfaces_und_anderen_Schnittstellen_-_eine_Lesson_in_Unlearning.
  9. Oeldorf-Hirsch, Anne; Neubaum, German (2023): What do we know about algorithmic literacy? The status quo and a research agenda for a growing field. In: New Media & Society, Artikel 14614448231182662. DOI: 10.1177/14614448231182662.
  10. Schorb, Bernd (2005): Medienkompetenz. In: Jürgen Hüther und Bernd Schorb (Hg.): Grundbegriffe Medienpädagogik. 4., völlig neu konzipierte Auflage. München: kopaed, S. 257–262.
  11. Schorb, Bernd; Wagner, Ulrike (2013): Medienkompetenz – Befähigung zur souveränen Lebensführung in einer mediatisierten Gesellschaft. In: Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend (Hg.): Medienkompetenzförderung für Kinder und Jugendliche. Eine Bestandsaufnahme. Unter Mitarbeit von Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur in der Bundesrepublik Deutschland. Berlin, S. 18–23.
  12. Schüller, Katharina; Busch, Paulina; Hindinger, Carina (2019): Future Skills: Ein Framework für Data Literacy. Online verfügbar unter https://hochschulforumdigitalisierung.de/de/future-skills-ein-framework-f%C3%BCr-data-literacy.
  13. Sūna, Laura (2023): Migrants‘ Imaginaries and Awareness of Discrimination by Artificial Intelligence. A Conceptual Framework for Analysing Digital Literacy. In: Bianca Herlo und Daniel Irrgang (Hg.): Proceedings of the Weizenbaum Conference 2022: Practicing Sovereignty – Interventions for Open Digital Futures. Weizenbaum Institute for the Networked Society – The German Internet Institute. 4. Weizenbaum Conference „Practicing Sovereignty: Interventions for Open Digital Futures“. Berlin, 2022, S. 15–25. Online verfügbar unter https://www.ssoar.info/ssoar/handle/document/86095.
  14. Sūna, Laura; Hoffmann, Dagmar (2022): Online-Kommentare zu KI – zwischen Angst und Hoffnung. Im Online-Magazin „kompetent. Wissen, Fühlen, Handeln im digitalen Wandel“. Im Rahmen des Projektes Digitales Deutschland (3). Online verfügbar unter https://digid.jff.de/magazin/emotionen/online-kommentare-ki/, zuletzt geprüft am 20.05.2022.
  15. Swart, Joëlle (2021): Experiencing Algorithms: How Young People Understand, Feel About, and Engage With Algorithmic News Selection on Social Media. In: Social Media + Society 7 (2), S. 1–11. DOI: 10.1177/20563051211008828.
  16. Teuber, Katharina; Dindarian, Azadeh; Ekaterina, Naz Cilo-van Norel (2022): Künstliche Intelligenz und ihre Anforderungen an den Kompetenzerwerb. In: Ralf Knackstedt, Jürgen Sander und Jennifer Kolomitchouk (Hg.): Kompetenzmodelle für den digitalen Wandel. Orientierungshilfen und Anwendungsbeispiele. Berlin, Heidelberg: Springer (Kompetenzmanagement in Organisationen), S. 99–115.

Zitation

Brüggen N., Sūna L. 2023: Zur Vielfalt an Kompetenzbegriffen im Kontext des digitalen Wandels. Im Rahmen des Projektes Digitales Deutschland. Online verfügbar: https://digid.jff.de/magazin/digitales-deutschland/zur-vielfalt-an-kompetenzbegriffen-im-kontext-des-digitalen-wandels/

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