Algorithmen und Künstliche Intelligenz im Alltag von Jugendlichen

Kurzbeschreibung

In der vorliegenden Studie geht es um die Rolle von Algorithmen und Künstlicher Intelligenz im Alltag von Jugendlichen. Konkret wird folgenden Fragen nachgegangen: Inwiefern nehmen Jugendliche Algorithmen und Anwendungen Künstlicher Intelligenz in ihrem Alltag wahr? Was wissen sie darüber? Welche Einstellungen haben sie gegenüber Algorithmen und Künstlicher Intelligenz? Und wie gehen sie mit beidem um? Diese Fragen werden auf Basis von Gruppendiskussionen, Tagebuchaufzeichnungen über die eigene Social-Media-Nutzung und einer repräsentativen Online-Befragung von 14- bis 17-Jährigen beantwortet. Aus den Ergebnissen lassen sich vor allem diese Schlüsse ziehen: Jugendlichen muss vermehrt Wissen zu Algorithmen und Künstlicher Intelligenz vermittelt werden. Dafür sind an erster Stelle Eltern aber auch Lehrkräfte verantwortlich. Diese sollten dabei eine gewisse Offenheit zeigen - und nicht nur negative Sichtweisen auf Künstliche Intelligenz -, damit die Jugendlichen einen Umgang mit Algorithmen und Künstlicher Intelligenz entwickeln können, in dem Chancen und Risiken reflektiert werden.

Annahmen über die Folgen der Digitalisierung

Algorithmen und Technologien Künstlicher Intelligenz sind ein integraler Bestandteil heutiger Jugend. Gerade Künstliche Intelligenz ist zunehmend Thema im öffentlichen Diskurs und Anwendungen, wie beispielweise ChatGPT, sind heute für die breite Masse verfügbar. Damit stellt sich die Frage, welche Rolle Künstliche Intelligenz für die Nutzenden spielt.

Kompetenzanforderungen

Da Inhalte auf Basis von Algorithmen kuratiert werden, müssen Jugendliche algorithmisch-selektierte Inhalte erkennen, verstehen, bewerten und mit ihnen umgehen können.

Kompetenzbegriffe (nach dem Papier)

Algorithmen-Kompetenz

Unterdimensionen (nach dem Papier)

keine Angabe

Kompetenzdimensionen (nach dem Rahmenkonzept von Digitales Deutschland)

Instrumentell-qualifikatorische Dimension: Social-Media-Plattformen und KI-Technologien nutzen und damit umgehen.

Kognitive Dimension: Algorithmen und Künstliche Intelligenz in digitalen Medien wahrnehmen; Wissen über Algorithmen und Künstliche Intelligenz in digitalen Medien; Textgenerierungsprogrammen richtig Fragen stellen.

Affektive Dimension: Die eigene Nutzung emotional einordnen; die Stimmung während der Nutzung von digitalen Medien bewerten und wie diese weitere Nutzung prägen kann.

Kritisch-reflexive Dimension: Algorithmenbasierte Inhalte prüfen und bewerten.

Zentrale theoretische Annahmen über Kompetenz

Algorithmen-Kompetenz ist ein Konstrukt, das sich in verschiedene Teilkompetenzen gliedert. Diese Bestandteile sind in Anlehnung an eine Definition von Leyla Dogruel das Bewusstsein über verschiedene Anwendungsbereiche von Algorithmen, das Wissen über deren Funktionsweisen, Effekte und rechtliche Rahmenbedingungen, die (kritische) Bewertung der mit Algorithmen einhergehenden Risiken, Chancen und Implikationen, entsprechende Umgangs- und Bewältigungsstrategien (zum Beispiel Maßnahmen, um die eigene Privatsphäre zu verbessern oder Suchergebnisse zu prüfen) und die Fähigkeit, kreativ mit Algorithmen zu interagieren, wozu auch Programmierfähigkeiten gehören (S. 12).

Perspektive der Kompetenzträger*innen auf Kompetenz einbezogen?

Die Jugendlichen reflektierten ihre Nutzung Künstlicher Intelligenz und gaben dabei auch an, was es angesichts dessen zu beachten gilt. So sollten Inhalte wie zum Beispiel Texte, die eine Künstliche Intelligenz generiert hat, stets nochmal geprüft werden. Auch muss man lernen, wie man Textgenerierungsprogrammen wie ChatGPT Fragen stellt.

Lebenskontexte der Kompetenzträger*innen einbezogen?

Bei der Auswahl der Befragten wurde auf mehrere Kriterien geachtet. Für die Gruppendiskussionen waren dies das Alter und das Geschlecht der Jugendlichen. Zudem kannten sich die Befragten bereits vor der Diskussion. Für die Online-Befragung waren neben dem Alter und Geschlecht der Jugendlichen auch deren (angestrebter) Bildungsabschluss sowie Wohnort relevante Kriterien. Jedoch stellen die Autorinnen heraus, dass im Sample trotzdem eine leichte Tendenz zu mehr Befragten aus gebildetem Milieu besteht. In der Ergebnisdarstellung wird zum einen auf die Bedeutung des sozialen Umfelds verwiesen. So zeigt sich, dass Jugendliche Social Media unter anderem deswegen nutzen, weil sie den Erwartungen ihrer Freund*innen entsprechen möchten. Regeln in Bezug auf die Nutzung von Social Media setzen eher Eltern, in der Schule ist Social Media hingegen kaum Thema. Inwiefern Wissen dazu in der Schule vermittelt wird, hängt von der Schule, vom Fach sowie der jeweiligen Lehrkraft ab. Zum anderen sind Unterschiede in Bewusstsein und Wissen mitunter auch von individuellen Merkmalen, vor allem dem Bildungshintergrund, beeinflusst. Das Wissen und der Umgang mit Algorithmen ist zudem von der Nutzungshäufigkeit abhängig.

Herausforderungen der Erfassung von Kompetenz

Bislang wurden in der Forschung vor allem Wissen und Bewusstsein zu Algorithmen erfasst, die übrigen Teile von Algorithmen-Kompetenz jedoch kaum betrachtet.

Zentrale empirische Befunde über Kompetenz

Die befragten Jugendlichen nehmen regelmäßig von Algorithmen angezeigte Inhalte wahr - vor allem auf TikTok und Instagram. Allerdings zeigt sich in den Gruppendiskussionen, dass es ihnen an Wissen über die Funktionsweise von Algorithmen und Künstlicher Intelligenz fehlt. So können sie etwa den Begriff "Algorithmus" spontan nicht definieren und können lediglich vermuten, woher ein Algorithmus stammt. Dieses Unwissen kann zu ablehnenden Einstellungen gegenüber der Technologie führen. Die Jugendlichen wünschen sich eine vermehrte Wissensvermittlung zu Algorithmen und Künstlicher Intelligenz. Im Umgang mit Algorithmen lassen sich drei Handlungsstrategien unterscheiden, nämliche Vorbeugende, Genutzte und Vorstellbare (letztere sind Strategien, die Jugendliche als hilfreich ansehen, selbst bisher jedoch nicht angewendet haben). Mit genutzten Strategien versuchen die Jugendlichen, Algorithmen zu trainieren, um sich Inhalte entsprechend ihrer Interessen anzeigen zu lassen (beispielsweise indem sie Inhalte liken). Vorbeugende Handlungsstrategien sind eher von Unwissen über die Funktionsweise von Algorithmen geprägt. Mit ihnen wollen die Befragten algorithmisch-selektierte Inhalte vermeiden. In der repräsentativen Befragung ergibt sich, dass Jugendliche ein hohes Bewusstsein in Bezug auf die Funktionsweise von Algorithmen haben. Auch die dort gestellten Wissensfragen beantworten sie überwiegend korrekt. Unterschiede zwischen Jugendlichen verschiedener Bildungsgruppen zeigen sich mit Blick auf das Bewusstsein, jedoch nicht hinsichtlich des Wissens.

Quellenangabe

Wendt, R., Riesmeyer, C., Leonhard, L., Hagner, J., & Kühn, J. (2024). Algorithmen und Künstliche Intelligenz im Alltag von Jugendlichen. Forschungsbericht für die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM)Nomos Verlag, https://www.blm.de/files/pdf2/blm_schriftenreihe_111.pdf

Sonstige Anmerkungen

Die Jugendlichen kennen und nutzen verschiedene Angebote Künstlicher Intelligenz - vor allem für die Schule. Mögliche Folgen von Anwendungen Künstlicher Intelligenz ordnen sie in einen größeren, gesellschaftlichen Kontext ein. Sie diskutieren diese im Hinblick auf Veränderungen im Berufsleben. Die Folgen von Algorithmen nehmen sie hingegen vornehmlich auf individueller Ebene wahr und stellen einen Bezug zur ihrer eigenen Social-Media-Nutzung her. Dabei nehmen alle sowohl Vor- als auch Nachteile von Algorithmen wahr.

Zuletzt geändert am 18. Dezember 2024.