Qualitative Studien im Verbund

In jeder Lebensphase – von der Kindheit bis ins hohe Alter – sind Kompetenzen gefragt, um den digitalen Wandel sicher und selbstbestimmt zu meistern. Der Umgang mit Künstlicher Intelligenz gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung, sei es bei der Organisation des Alltags, im Konsum- und Unterhaltungsbereich oder im Umgang mit Informationen. Doch für eine souveräne Lebensführung und aktive gesellschaftliche Teilhabe reicht es nicht aus, technische Geräte lediglich bedienen zu können. Es sind erweiterte Fähigkeiten gefragt. Die nachfolgenden qualitativen Studien beleuchten konkrete Erfahrungen und Bedürfnisse verschiedener Altersgruppen im Hinblick auf Digital- und Medienkompetenzen, um diesbezüglich Forschungslücken zu schließen, das Rahmenkonzept weiterzuentwickeln und differenzierte Förderansätze abzuleiten.

Kindern und Jugendliche
JFF - Institut für Medienpädagogik

In der qualitativen Studie zu Kindern und Jugendlichen, verantwortet durch das JFF – Institut für Medienpädagogik, haben wir den Umgang von jungen Menschen mit Angeboten erforscht, die auf Grundlage von KI-basierten algorithmischen Empfehlungssystemen operieren. Dabei steht die Perspektive der Kinder und Jugendlichen im Fokus.  

In zwei aufeinander aufbauenden Teilstudien haben wir am Beispiel algorithmischer Empfehlungssysteme untersucht, wie Kinder und Jugendliche mit KI-Anwendungen im Alltag umgehen und welche Kompetenzen insbesondere mit Blick auf wichtige Entwicklungsaufgaben (Teilhabe an Gesellschaft, Identitätsarbeit, Zugehörigkeit) für einen souveränen Umgang notwendig sind. Mit der Nutzung dieser Angebote sind Kinder und Jugendliche nicht nur Konsument*innen. Sie produzieren zugleich auch Daten, deren Auswertung und Verarbeitung wiederum konstitutiver Teil des kommerziellen Produktes sind, das sie nutzen. Daher wurden auch die Datenpraktiken der Kinder und Jugendlichen als ein Teil ihres Medienhandelns untersucht.  

Die Ergebnisse der Studie können eine Grundlage für eine vorausschauende und nachhaltige Förderung von Kompetenzen für eine souveräne Lebensführung im Zuge einer – auch durch KI-Systeme mitgestalteten – Lebenswelt bieten. Zudem dient die Studie dazu, das theoretische Rahmenkonzept zu Kompetenz und Digitalisierung mit Blick auf digitale Systeme weiterzuentwickeln. 

Die Ergebnisse der Studie zu den Jugendlichen finden Sie hier: „Was ich like, kommt zu mir“ Die Ergebnisse der Studie zu den Kindern finden Sie hier: „KI als „Wunscherfüller“?“

Erwachsene
Universität Siegen

Wie diskutieren Erwachsene in Online-Kommentaren auf Social Media Plattformen über Digitalkompetenz? Und wie sieht der Diskurs auf Nachrichtenportalen wie zum Beispiel Spiegel Online aus? Diesen Fragen ist das Team an der Universität Siegen in ihrer ersten qualitativen Studie nachgegangen. Mit einer qualitativen Inhaltsanalyse haben sie beleuchtet, wie diverse Gruppen der Gesellschaft über den Umfang und die Ausgestaltung von Digitalkompetenz denken. Zudem haben sie Erwartungen gegenüber der Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft untersucht. Ergebnisse zu dieser ersten Studie finden Sie in folgenden Artikeln:

Verhandlungen von Künstlicher Intelligenz und zugehörigen Medienkompetenzen in Online-Kommentaren Online-Kommentare zu KI – zwischen Angst und Hoffnung Wie gerecht ist Künstliche Intelligenz?

In der zweiten Studie steht eine Gruppe im Mittelpunkt, die in der Medienkompetenzforschung eher wenig erforscht ist: Migrant*innen. In Gruppendiskussionen fragte das Team: Wie begegnen Migrant*innen den Herausforderungen des digitalen Wandels? Und welche Strategien entwickeln sie, um mögliche digitale Diskriminierung zu bewältigen? Dabei spielte unter anderem Künstliche Intelligenz eine Rolle. Die Forschungsliteratur stellt etwa fest, dass selbstlernende Systeme oft Stereotypen reproduzieren. Dadurch wird Ungleichheit und Exklusion verstärkt. Die Studie fragt daher: Inwiefern und wie erleben Migrant*innen in ihrem Alltag solche Aspekte? Und wie gehen sie damit um? Ergebnisse zur zweiten Studie finden Sie in den folgenden Beiträgen:

Migrants‘ Imaginaries and Awareness of Discrimination by Artificial Intelligence „Wie Gefühle den Umgang mit KI prägen“ From AI imaginaries to AI literacy: Artificial intelligence technologies in everyday lives of migrants in Germany

Höheres Lebensalter
Pädagogische Hochschule Ludwigsburg

Die Selbsteinschätzung und das Selbstvertrauen älterer Menschen beeinflussen die Motivation, den Umgang mit unvertrauten Medienanwendungen zu erlenen. Nicht selten bekräftigen negative gesellschaftliche Altersbilder, wie z.B. Digital Immigrants, ein Gefühl von Fremdheit. Daraus resultieren Ängste. Die Orientierung an gesellschaftlichen Altersrepräsentationen und -erwartungscodes manifestiert sich dabei in der Vorstellung, dass Ältere digitale Medien/KI nicht mehr begreifen und nutzen können.  

Die Art und Weise, wie Ältere angesprochen werden, bestimmt, inwiefern sie Förderangebote zu Digitalkompetenzen annehmen. Die Teilstudien der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg nehmen vor diesem Hintergrund sowohl Selbsteinschätzung als auch die Ansprache Älterer in den Blick. Zuerst wurde hinterfragt, welche Alterskonstruktionen gängigen Fördermaßnahmen implizit sind. Eine Ergänzung findet diese Analyse in einer Expert*innen-Befragung, die Einstellungen und Erfahrungswissen von Pädagog*innen erhebt. Die zweite Teilstudie legte offen, welche Subjektiven Theorien Nichtnutzer*innen von digitalen Medien im höheren Alter haben sowie die latenten Gründe für die Ablehnung. Die Ergebnisse der Fallstudien liefern wichtige Hinweise dafür, wie Ältere adressiert werden sollten und wie künftige Angebote idealiter zu gestalten sind. 

Einen Einblick in Ergebnisse der beiden Studien bieten u.a. folgende Beiträge:

Eine Frage des Geschlechts? Digitalkompetenzen im fortgeschrittenen Lebensalter Ermöglichungsbedingungen des Erwerbs von Digitalkompetenzen im Alter Lebensalter spezifisch und Lebensalter übergreifend Zum Stand der Debatte in Deutschland

Sonderauswertung: Impulse für eine geschlechtergerechte Digitalpolitik

Welche Geschlechtsunterschiede zeigen sich in den Einstellungen und Digitalkompetenzen der Bevölkerung? Wie können Maßnahmen der Digitalkompetenzförderung von Menschen im hohen Lebensalter gendersensibel gestaltet werden? Und welche Herausforderungen und Chancen stellen sich Empowerment-Initiativen, die sich der Förderung von Frauen und nichtbinären Personen in digitalen Umgebungen widmen? Diese und weitere Fragen beantwortet das Forschungsverbund-Team in ihrem Bericht und liefern acht zentrale Handlungsempfehlungen für eine geschlechtergerechte Digitalpolitik.

Grundlage der Handlungsempfehlungen sind die Ergebnisse von drei Teilauswertungen: (1) Repräsentativbefragung zu Medien-/Digitalkompetenzen der deutschsprachigen Bevölkerung ab 12 Jahren, (2) Sekundäranalyse qualitativer Daten zu geschlechtergerechten Digitalkompetenzförderung von Menschen im höheren Lebensalter und (3) Interviews mit Vertreter*innen von Empowerment-Initiativen zur Unterstützung von Frauen und nichtbinären Personen in digitalen Umgebungen.

Den Bericht „Impulse für eine geschlechtergerechte Digitalpolitik“ finden Sie hier.