Nachrichtenverständnis als elementare Nachrichtenkompetenz
Kurzbeschreibung
Was verstehen Laien unter Nachrichten? Diese Frage steht im Fokus der vorliegenden Studie. Denn das Verständnis von Nachrichten ist eine Voraussetzung dafür, um Nachrichten von anderen Formen (wie Werbung, Desinformation, PR und Unterhaltung) abzugrenzen. Somit ist es ein Fundament von Nachrichtenkompetenz. An 26 Leitfadeninterviews mit Erwachsenen zeigt sich, dass viele von Nachrichten vor allem Objektivität und Unabhängigkeit erwarten. Inhalte sollten neu sein, die Quelle nicht. Die journalistische Urheberschaft ist hingegen für die meisten Befragten weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung, um einen Beitrag als Nachricht einzustufen.
Annahmen über die Folgen der Digitalisierung
Die Welt der Nachrichten hat sich verändert, viele Grenzen verschwimmen. Digitale Plattformen wie Facebook oder Instagram beschlunigen diesen Wandel. Durch sie können potenziell alle Urheber*innen von Nachrichten werden. Dadurch wird es schwieriger, die Glaubwürdigkeit von Nachrichten einzuschätzen. Zudem verbreiten sich Informationen (auch Desinformation) über digitale Plattformen rasant. Desweiteren machen digitale Plattformen Vorgaben zu Länge und Layout für hochgeladene Beiträge, wodurch eher austauschbare Kurznachrichten entstehen. Und schließlich werden Nachrichten auf digitalen Plattformen algorithmisch kuratiert. Algorithmische und journalistische Logiken konkurrieren so miteinander. All das erschwert es, Nachrichten zu erkennen. Und so stellt sich die Frage, wann Menschen Informationen als Nachrichten einstufen.
Kompetenzanforderungen
Menschen benötigen bestimmte Fähigkeiten, Wissen und eine gewisse Motivation, um sich in immer komplizierteren und unübersichtlicheren Nachrichten- und Informationswelten zurechtzufinden. Kompetenzträger*innen müssen Informationen kritisch und plattformübergreifend beurteilen können. Im Mittelpunkt steht in diesem Beitrag das Wissen über Nachrichten, genauer zu Urheber*innen, Inhalt, Stil, Kanal, Produktion und der Funktion von Nachrichten.
Kompetenzbegriffe (nach dem Papier)
Unterdimensionen (nach dem Papier)
keine Angabe
Kompetenzdimensionen (nach dem Rahmenkonzept von Digitales Deutschland)
Kognitive Dimension: Wissen über Urheber*innen von Nachrichten; Wissen zu faktischen und fiktionalen Nachrichteninhalten; Wissen über unterschiedliche Nachrichtenstile (zum Beispiel den Grad an Emotionalisierung); Wissen über Nachrichtenkanäle, d.h. technische Verbreitungswege; Wissen über die Nachrichtenproduktion; Wissen über die Funktion von Nachrichten.
Kritisch-reflexive Dimension: Zwischen Fakten und Meinungen unterscheiden; zwischen Journalismus, Werbung, Unterhaltung und alternative Medien unterscheiden; Informationen kritisch einordnen und bewerten.
Zentrale theoretische Annahmen über Kompetenz
Nachrichtenkompetenz hängt mit mehreren Fähigkeiten, Kenntnissen und Motivationen zusammen, die erforderlich sind, um sich gerade in komplexen und zunehmend entdifferenzierten Nachrichten- und Informationsumgebungen zurechtzufinden.
Perspektive der Kompetenzträger*innen auf Kompetenz einbezogen?
keine Angabe
Lebenskontexte der Kompetenzträger*innen einbezogen?
In die Studie wurden zum einen soziodemografische Merkmale (wie Alter, Geschlecht und Bildung) einbezogen, da angenommen wird, dass sie das Nachrichtenverständnis der Befragten beeinflussen. Zum anderen wurden die Teilnehmenden gefragt, inwiefern sie Nachrichten nutzen und wie sie sich „auf dem Laufenden“ halten.
Herausforderungen der Erfassung von Kompetenz
keine Angabe
Zentrale empirische Befunde über Kompetenz
Die Befragten üben über alle Alters- und Bildungsgruppen hinweg Medienkritik. „Ideale“ Nachrichten sehen sie als unparteilich und sachlich. Daher kritisieren einige Befragte einen sensationalistischen Stil und eine mangelnde inhaltliche Vielfalt an Perspektiven, Themen und Akteuren. Gerade jüngere Befragte können sich durchaus kompetent in Online-Umgebungen bewegen. Für den Begriff Nachrichtenkompetenz scheint es wichtig, diesen auch auf nicht-originär journalistische Akteure zu erweitern. Geschieht dies nicht, kann dies dazu führen, dass die Kompetenz gerade jüngerer Menschen unterschätzt wird.
Quellenangabe
Schneiders, P. (2021). Nachrichtenverständnis als elementare Nachrichtenkompetenz. In G Keel, & W. Weber, W. (Hrsg.), Media Literacy (S. 37-56). Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG.
Sonstige Anmerkungen
Unabhängig von Alter und Bildung schlossen die Befragten Werbetreibende und private Unternehmen als Verfasser von Nachrichten aus. Gemeinnützige Organisationen, Vereine und staatliche Einrichtungen akzeptierten sie jedoch. Nachrichten werden als Berichte über aktuelle Ereignisse verstanden, die oft Themen wie Politik, Konflikte, Wirtschaft oder Umwelt behandeln. Dabei sehen die Befragten Nachrichten meist als sachlich und prägnant, wobei Überschriften Neugier wecken und den Inhalt klar vermitteln sollen. Die Meinungen zu Schlagzeilen als eigenständige Nachrichten fallen unterschiedlich aus: Manche Befragte stuften Schlagzeilen als Nachrichten ein – solange sie „transportiert, was die Nachricht ist“ (S. 46). Andere hingegen argumentieren, eine Schlagzeile könne keine Nachricht sein, weil es ihr an Hintergrund fehle. Ältere verbinden Nachrichten vor allem mit Fernsehen und Zeitungen, während Jüngere sie weniger an bestimmten Kanälen festmachen. Die meisten Befragten sehen in der Nachrichtenproduktion die Verbreitung von Ereignissen. Nur wenige, meist Ältere, betonen in diesem Zusammenhang Recherche und Verifikation. Über journalistische Produktionsprozesse scheinen die Befragten eher wenig zu wissen. Die Befragten sehen Nachrichten vor allem als Mittel zur Information, Ältere zusätzlich als Orientierungshilfe.