Algorithmen, Filterblasen und Echokammern – Herausforderungen für die Politische Meinungs- und Urteilsbildung im Kontext sozialer Medien

Kurzbeschreibung

Welche Bedeutung haben soziale Medien für die Meinungs- und Urteilsbildung von Bürger*innen? Und was muss politische Bildung in diesem Kontext leisten? Diese Fragen stehen im Zentrum des vorliegenden Beitrags und werden am Beispiel von Echokammern und Filterblasen diskutiert. Dabei wird deutlich: Bislang fehlt ein theoretisches Modell politischer Medienkompetenz. Da Menschen das Internet und soziale Medien zunehmend nutzen, um sich politisch zu informieren, wäre ein Modell politischer Medienkompetenz jedoch nötig. Denn politische Medienkompetenz ist auch wichtig für politische Mündigkeit. Einen geeigneten Anknüpfungspunkt für ein solches Konzept bietet das Modell von Detjen et al. zu Politikkompetenz. Abschließend formulieren die Autor*innen Forschungsfragen, denen aus Sicht der Politikdidaktik weiter nachgegangen werden sollte. Darunter findet sich auch die Frage nach Kompetenz: "Welche Kompetenzen benötigen Schüler*innen als Bürger*innen von morgen, um auch im digitalen Raum interventionsfähig zu sein?" (S. 206)

Annahmen über die Folgen der Digitalisierung

Menschen rezipieren Informationen nicht mehr nur über klassische Medien. Damit schwindet der Einfuss traditioneller Gatekeeper wie zum Beispiel von Journalist*innen. Die Aufgabe, Inhalte auszuwählen, übernehmen vielmehr Algorithmen. Sie sollen vor allem Aufmerksamkeit erzeugen. Dabei bleibt für die Nutzenden allerdings unklar, wie die Algorithmen genau funktionieren. In sozialen Medien verschwimmen zudem die Grenzen zwischen Unterhaltung und Informationssuche. Soziale Medien bringen sowohl Chancen als auch Risiken mit sich. Auf der einen Seite können sie zu einer Demokratisierung von Informationen und politischer Teilhabe beitragen. Beispielsweise erhalten Menschen durch soziale Medien Informationen, die in autoritär regierten Staaten zensiert werden. Auf der anderen Seite können sie dazu genutzt werden, Desinformationen zu verbreiten. Auch besteht die Sorge, dass sich die Personalisierung von Inhalten negativ auf die Meinungs- und Urteilsbildung der Menschen auswirkt.

Kompetenzanforderungen

Die Autor*innen fokussieren darauf, was nötig ist, um sich ein informiertes Urteil über politische Themen zu bilden. Dazu müssen Kompetenzträger*innen beispielsweise Informationen im Netz suchen sowie diese kritisch bewerten können. Angesichts der Bedeutung algorithmischer Empfehlungssysteme im Internet und speziell in sozialen Medien müssen Jugendliche zudem mit deren Funktionslogiken vertraut gemacht werden und über deren Einfluss reflektieren können. Dies zu fördern, ist auch Aufgabe der Lehrkräfte.

Kompetenzbegriffe (nach dem Papier)

Politische Medienkompetenz

Unterdimensionen (nach dem Papier)

keine Angabe

Kompetenzdimensionen (nach dem Rahmenkonzept von Digitales Deutschland)

Instrumentell-qualifikatorische Dimension: Daten nutzen.

Kognitive Dimension: Kenntnisse über Algorithmen; Medienwissen; Medienselektion; kritisch Informationen suchen können; Informationen strukturieren können; Informationen hinsichtlich ihrer Güte, Aktualität, Relevanz, Glaubwürdigkeit und Objektivität bewerten können.

Affektive Dimension: Widersprüchlichkeiten bei Streitfragen und Problemlagen aushalten können.

Kreative Dimension: Politische Inhalte in sozialen Netzwerken generieren und bereitstellen können.

Kritisch-reflexive Dimension: Kritisch Informationen suchen können; Informationen kritisch bewerten können, z.B. hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit und Objektivität; über den Einfluss von Algorithmen reflektieren können; Argumentations- und Urteilsfähigkeit.

Zentrale theoretische Annahmen über Kompetenz

Medienkompetenz ist eine Schlüsselkompetenz für politische Urteils- und Handlungsfähigkeit. Da Informationen heute oft in sozialen Medien gesucht werden, ist es wichtig, politische Medienkompetenz zu entwickeln. Ein Modell politischer Medienkompetenz existiert bislang nicht. Jedoch könnte dieses in Verbindung mit einem Modell zu Politikkompetenz entwickelt werden. Dieses unterscheidet vier Kompetenzdimensionen, nämlich Fachwissen, Politische Urteilsfähigkeit, Politische Handlungsfähigkeit und Einstellung/Motivation.

Perspektive der Kompetenzträger*innen auf Kompetenz einbezogen?

keine Angabe

Lebenskontexte der Kompetenzträger*innen einbezogen?

Jugendliche unterscheiden sich darin, in welchem Ausmaß sie über digitale Kompetenzen verfügen. Gründe für solche Ungleichheiten können beispielsweise der sozio-ökonomische Status, der Bildungshintergrund sowie Gender sein - auch in einer Kombination. Bespielsweise zeigen Jugendliche, die formal niedriger gebildet sind, gegebenenfalls eine geringere Medienkompetenz und damit auch eine geringere politische Mündigkeit. Da Kompetenz eine Voraussetzung politischer Teilhabe und Mündigkeit ist, steht zu befürchten, dass es solche Ungleichheiten zu einer doppelten Benachteiligung führen. Im vorliegenden Beitrag wird zudem betont, dass vor allem Jugendliche oft an politischen Bewegungen teilnehmen und besonders häufig Informationen (auch zu politischen Themen) über soziale Medien erhalten.

Herausforderungen der Erfassung von Kompetenz

keine Angabe

Quellenangabe

Heyen, F., Manzel, S. (2023). Algorithmen, Filterblasen und Echokammern – Herausforderungen für die Politische Meinungs- und Urteilsbildung im Kontext sozialer Medien. In: Wagener, A., Stark, C. (eds) Die Digitalisierung des Politischen. Sozialwissenschaften und Berufspraxis . Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-38268-1_9

Zuletzt geändert am 18. Dezember 2024.