Fünf zentrale Erkenntnisse für die Förderung von Medien- und Digitalkompetenz
Wie können wir Menschen in einer zunehmend digitalen Welt stärken? Auf der Basis der Ergebnisse des Projekts werden in diesem Beitrag fünf zentrale Erkenntnisse vorgestellt, die die Förderung von Digital- und Medienkompetenz auch in Zeiten des digitalen Wandels funktioniert. Dabei geht es um weit mehr als technische Fähigkeiten: Ein ganzheitlicher Blick auf kreative, affektive und soziale Kompetenzen sowie eine diversitätssensible Förderpraxis sind entscheidend. Erfahren Sie zudem, was nötig ist, um alle Generationen und Bevölkerungsgruppen aktiv einzubinden – und warum gemeinsames Lernen und Begleitforschung unverzichtbar sind.
Ganzheitliches Verständnis von Medien- und Digitalkompetenz
Ein ganzheitliches Verständnis von Medien- und Digitalkompetenzen ist eine notwendige Voraussetzung, um allen Bevölkerungsgruppen eine souveräne Lebensführung im digitalen Zeitalter zu ermöglichen. Die im Rahmenkonzept erarbeiteten Kompetenzdimensionen stellen diese ganzheitliche Perspektive dar. In den Projektergebnissen zeigt sich die Relevanz aller Dimensionen. Die oft wenig beachtete affektive, kreative und soziale Dimension hat beispielsweise eine wichtige Bedeutung für Einstellungen und die Nutzungsmotivation sowie für eine problemlösende Auseinandersetzung mit neuen Tools und Phänomenen wie auch für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Diese Dimensionen gilt es bei der Förderung von Digital- und Medienkompetenzen ebenso zu berücksichtigen wie alle anderen Dimensionen. Wichtig ist außerdem ein Diskurs über den normativen Rahmen dieser Kompetenzen, mit Beteiligung verschiedener Akteur*innen, um das Verständnis von Medien- und Digitalkompetenz gemeinsam zu reflektieren und weiterzuentwickeln.
Vom Ausprobieren zum Verstehen: wie lebensweltliche Erfahrungen Kompetenzen fördern
Die Förderung von Medien- und Digitalkompetenz sollte an den lebensweltlichen Erfahrungen der Bevölkerung ansetzen. Dabei gilt es, alltägliche Erfahrungen – ob in Freizeit, Schule oder Beruf –, Nutzungsmotive und Umgangsweisen zu berücksichtigen. Die Ergebnisse des Projekts zeigen: Menschen eignen sich Kompetenzen für den Umgang mit digitalen Medien und KI im Handeln an und weniger innerhalb von Bildungsangeboten. Um an diesem handlungsbasierten und an Nutzungsmotiven ausgerichteten Zugang anzuschließen, gilt es, Möglichkeiten der Nutzung und des Ausprobierens von digitalen Medien und KI bereitzustellen, um so, insbesondere mit Blick auf jüngere Kinder und Menschen im höheren Lebensalter, geschützte Erfahrungsräume zu schaffen und ihr Explorieren zu begleiten. Zudem bedarf es der Weiterentwicklung entsprechender Methoden der aktiven Medienarbeit für alle Altersgruppen.
Medienkompetenz für alle: diversitätssensibel und diskriminierungskritisch fördern
Medien- und Digitalkompetenz sollte diversitätssensibel und diskriminierungskritisch gefördert werden. Insbesondere die im Projekt entstandene Studie zu Impulsen für eine geschlechtergerechte Digitalpolitik Deutschlands verweist auf die Bedeutung einer gendersensiblen und geschlechtsspezifischen Förderung der Medien- und Digitalkompetenzen. Bereits für die frühkindliche Bildung müssen Betreuungs- und Lehrkräfte ausgebildet werden, die Kompetenzförderung gendersensibel gestalten und eventuellen stereotypen Zuschreibungen entgegenwirken. Im Erwachsenenbereich braucht es für Frauen Förderangebote, die auf eine Stärkung der Selbstwirksamkeit abzielen, und für Männer Unterstützung im affektiven Kompetenzbereich. Um das Bild einer männlich dominierten Technikbegleitung in Freiwilligen-Initiativen aufzubrechen, sollten Bildungsanbieter ältere Frauen gezielt ausbilden, da sie außerberufliche Bildungsangebote überdurchschnittlich häufig nachfragen.
Die Ergebnisse zeigen aber auch das Zusammenspiel unterschiedlicher soziodemografischer Variablen: Der Zugang zu digitalen Medien hängt stark von Faktoren wie Geschlecht, kulturellem Hintergrund und Alter ab – soziale Ungleichheiten verstärken sich dabei im Alter. Besonders Frauen, jüngere Kinder, Migrant*innen und ältere Menschen in Pflegeeinrichtungen sollten im Fokus stehen. Die Förderung von Digital- und Medienkompetenz sollte außerdem diversitätssensibel und diskriminierungskritisch gestaltet werden. Dafür ist die Sensibilisierung der Förderpraxis und der Bildungsanbieter sowie eine kritische Auseinandersetzung mit Stereotypen notwendig.
Rahmenbedingungen für kompetentes Handeln schaffen
Damit kompetentes Handeln mit digitalen Medien und KI möglich ist, braucht es förderliche Rahmenbedingungen – diese können ganz unterschiedlich aussehen, wie die Projektergebnisse zeigen.
Für jüngere Kinder spielt die elterliche Rahmung ihres Medienhandelns eine große Rolle. Eltern und andere sorgeberechtigte Personen sollten vor diesem Hintergrund befähigt werden, ihre Kinder medienkompetent beim Umgang mit digitalen Medien und KI zu begleiten.
Die Förderung von Medien- und Digitalkompetenz sollte eng mit Konzepten verbunden sein, die digitale Medien und KI kompetenzfördernd gestalten. Solche Konzepte lassen sich nur durch das Einbeziehen von Nutzer*innenperspektiven und mithilfe von pädagogischem Wissen entwickeln. Dafür ist weitere partizipative Forschung nötig, die gezielt Kinder, Jugendliche, Frauen, Migrant*innen und ältere Menschen in die Technikentwicklung einbindet.
Die Rahmenbedingungen der Medien- und Digitalkompetenzförderung sollten kritisch reflektiert werden. Während es für IT-Berufe bereits umfassende Fortbildungsmöglichkeiten gibt, muss das Angebot für soziale Berufe (z. B. Pflegeberufe), ausgebaut werden. Strukturelle Unterschiede in der Förderung sollten abgebaut und für Migrant*innen sowie ältere Menschen sollte ein flächendeckendes Netz an mehrsprachigen, kultursensiblen Angeboten geschaffen werden. Die Vernetzung von Initiativen, etwa über eine digitale Plattform, ist ebenso wichtig wie die Verantwortung der Unternehmen, Gleichstellung in ihren Strukturen zu verankern.
Mit Blick auf gesetzliche Rahmenbedingungen scheint es wichtig, dass Gesetzentwürfe gegen neue Formen digitalisierter, sexualisierter Gewalt (z. B. Deepfake-Pornografie) schneller entwickelt und umgesetzt werden. Auch mit Blick auf den Datenschutz müssen die Plattformen stärker in die Verantwortung genommen werden, damit der Schutz ihrer User*innen gewährleistet werden kann.
Evaluieren, anpassen, verbessern: wie durch Begleitforschung digitale Förderprogramme weiterentwickelt werden können
Um die Nachhaltigkeit von Förderprogrammen zu gewährleisten, sollten Ressourcen bereitgestellt werden, um u. a. eine Evaluation der Programme zu ermöglichen und langfristig wissenschaftliche Daten bereitzustellen. Darauf aufbauend können die Maßnahmen weiterentwickelt und an die Bedürfnisse der Adressat*innen angepasst werden. Eine hilfreiche Ausgangsbedingung für eine solche Evaluation ist eine deutschlandweite Bündelung der Angebote zur Digitalkompetenzförderung innerhalb der außerberuflichen Fort- und Weiterbildung.
Ganzheitlich und inklusiv: der Weg zu nachhaltiger Medien- und Digitalkompetenz
Die Förderung von Medien- und Digitalkompetenz erfordert eine ganzheitliche Herangehensweise, die weit über technische Fähigkeiten hinausgeht. Sie muss kreative, soziale und affektive Dimensionen einbeziehen und dabei alle gesellschaftlichen Gruppen berücksichtigen. Nur durch diversitätssensible, diskriminierungskritische und praxisorientierte Ansätze kann Medien- und Digitalkompetenz im digitalen Wandel nachhaltig gefördert werden. Begleitforschung und regelmäßige Evaluierung sind unerlässlich, um die Programme kontinuierlich zu verbessern und sie an die sich wandelnden Bedürfnisse der Gesellschaft anzupassen.