Uncool, aber unvermeidbar?
Der Umgang von Jugendlichen mit der Datenverarbeitung auf Social Media
Wie denken Jugendliche über die Datenverarbeitung in Social Media und welche Herausforderungen sehen sie? Die Ergebnisse einer qualitativen Studie des Projekts zeigen, dass viele Jugendliche die personalisierte Empfehlung von Inhalten schätzen, aber gleichzeitig die Intransparenz der Datennutzung kritisch sehen. Der Umgang mit der allgegenwärtigen Datenerhebung wird von ihnen als unvermeidbares Dilemma empfunden, dem sie nur schwer entkommen können. Warum Medienkompetenz und unterstützende Designs entscheidend sind, um Jugendlichen einen souveränen Umgang mit ihren Daten zu ermöglichen, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Datenverarbeitung aus Sicht der Jugend: Personalisierung oder Überwachung?
Jugendliche erleben bei der alltäglichen Nutzung von Angeboten wie TikTok, Instagram und YouTube, wie algorithmische Empfehlungssysteme (AES) ihre Daten verarbeiten. Ihre Daten helfen, personalisierte Inhalte zu erstellen und tragen zum Erfolg der Plattformen bei. Die Mehrheit der 16 interviewten 13- bis 19-Jährigen weiß, dass Plattformen auf der Grundlage ihrer Nutzungsdaten personalisierte Empfehlungen generieren. Diese Personalisierung bewerten alle befragten Jugendlichen positiv. Es gefällt ihnen, dass die Apps passende Inhalte vorschlagen, selbst dann, wenn sie diese Inhalte als Werbung identifizieren. Für sie nicht relevante oder uninteressante Inhalte nehmen die Jugendlichen eher als störend oder irritierend wahr.
Zu den Daten, die die Apps zur Personalisierung nutzen, zählen die Jugendlichen hauptsächlich selbst vergebene Likes oder andere Reaktionen auf Inhalte. Einzelne Jugendliche nennen weitere Einflussfaktoren wie Geschlecht, Dauer und Uhrzeit der Nutzung, Verweildauer auf Inhalten, Ort der Nutzung und Suchverläufe. Manche Jugendliche äußern die Vermutung, dass Apps Information aus anderen Apps abgreifen oder gar mithören könnten, was zu einem Gefühl der Überwachung führt.
Intransparenz als Normalzustand: Jugendliche zwischen Unwissenheit und Akzeptanz
Viele der Jugendlichen empfinden ihr Wissen über die Verarbeitung ihrer Daten als lückenhaft. Besonders die Intransparenz der Datenerhebung wird als „gruselig“ wahrgenommen. Für einige Jugendliche scheint die intransparente Erhebung und Verarbeitung persönlicher Daten unerlässlich und alternativlos für die interessengeleitete Nutzung zu sein. Darin scheint für sie die Logik des Internets zu bestehen. Manche akzeptieren dies als notwendiges Übel, während andere kritisch darauf blicken. Sie finden die Datenverarbeitung „uncool“ und äußern den Wunsch, den Zugriff auf ihre Daten selbst bestimmen zu können, sehen aber oft keine realistischen Möglichkeiten dazu. Zwar ist ihnen bewusst, dass sie in den AGBs der Datennutzung widersprechen könnten, doch sie befürchten Nachteile in der Nutzung der Apps. Die Konsequenz: Die befragten Jugendlichen sehen den Umgang mit ihren Daten in Social Media als ein Dilemma: Der unerlässlichen und intransparenten Datenerhebung und -verarbeitung würden sie nur durch Nichtnutzung entkommen. Die Jugendlichen schätzen dies jedoch als unrealistische Handlungsalternative ein.
Supportive Design in Social Media: Für die Medienkompetenz von Jugendlichen
Die Förderung von Medienkompetenz für den Umgang mit diesem Dilemma ist unerlässlich. Da die Handlungsfähigkeit des Einzelnen mit Blick auf das Thema Datenschutz jedoch begrenzt ist, scheint es umso wichtiger, Konzepte im Sinne des Supportive Design voranzutreiben, mit denen Social-Media-Apps kompetenzförderlich gestaltet werden können. Ziel ist es, Apps so zu gestalten, dass sie nicht nur sicher sind, sondern auch gezielt Rahmenbedingungen schaffen, die es Jugendlichen ermöglichen einschlägige Kompetenzen zu erwerben. Dies bedeutet, dass Elemente wie transparente Datenschutzrichtlinien, altersgerechte Erklärungen und Funktionen zur Unterstützung des verantwortungsvollen Umgangs mit Daten integraler Bestandteil dieser Apps sein könnten.
Die Ergebnisse der Studie sind in folgender Publikation kostenfrei zugänglich: Schober, M.; Lauber, A.; Bruch, L.; Herrmann, S.; Brüggen, N. 2022: „Was ich like, kommt zu mir“. Kompetenzen von Jugendlichen im Umgang mit algorithmischen Empfehlungssystemen. Qualitative Studie im Rahmen von „Digitales Deutschland“. JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. München: kopaed.