Was wir unter Digital- und Medienkompetenz verstehen

Ein ganzheitlicher Ansatz

In einer zunehmend digitalen Welt ist die Förderung von Digital- und Medienkompetenzen essenziell für die gesellschaftliche Teilhabe in allen Lebensphasen. Dieser Beitrag beleuchtet das umfassende Konzept von Digital- und Medienkompetenz, das weit über technisches Wissen hinausgeht und auch kreative, affektive sowie soziale Fähigkeiten umfasst. Erfahren Sie, wie eine ganzheitliche Perspektive auf Kompetenz dazu beiträgt, die Herausforderungen der digitalen Welt in allen Altersgruppen zu meistern, und welche Kompetenzen für den Umgang mit Künstlicher Intelligenz nötig sind.

Digital- und Medienkompetenz im Detail: ein strukturierter Überblick über die Dimensionen

Das Rahmenkonzept von Digitales Deutschland definiert Kompetenz als

„Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Subjekten, unter Rückgriff auf Wissensbestände und Erfahrungen sowie deren Reflexion, eine Orientierung im Handeln und das Umsetzen von Handlungen erlauben, mit denen die Subjekte an sich (selbst) gestellte Anforderungen selbstbestimmt und verantwortungsvoll bewältigen können.“

Konkret umfasst Medien- und Digitalkompetenz verschiedene Dimensionen: neben den instrumentell-qualifikatorischen Fähigkeiten gehört dazu auch das Wissen über Medienstrukturen und -funktionen, die Fähigkeit, Medien nach ethischen, sozialen und ästhetischen Kriterien zu bewerten, sich in der Medienwelt zu orientieren, kreativ zu handeln und emotionale Aspekte zu berücksichtigen. Diese Dimensionen ermöglichen es, die Anforderungen an Kompetenz differenziert zu beschreiben und gezielte Schwerpunkte für Projekte, Studien und Förderprogramme zu setzen. Im Verbund Digitales Deutschland nehmen wir eine altersdifferenzierte und lebensphasenübergreifende Perspektive auf Kompetenz ein. Dabei werden insbesondere die bislang wenig beachteten kreativen, affektiven und sozialen Dimensionen hervorgehoben und weiterentwickelt. Daraus ergibt sich eine differenzierte Betrachtung von Kompetenzen für den Umgang mit KI.

Altersdifferenzierte und lebensphasenübergreifende Perspektive: Kompetenzen im Lebensverlauf

Menschen entwickeln Kompetenzen nicht nur in jungen Jahren, sondern über das gesamte Leben hinweg. Besonders die biografische Arbeit, also die Verknüpfung persönlicher Erfahrungen mit neuen Technologien, spielt dabei eine zentrale Rolle. Ältere Menschen haben häufig eine lange Medienbiografie, die in Zeiten des ständigen technologischen Wandels Gefahr läuft, entwertet zu werden. Kindern und Jugendlichen wird nachgesagt, sie seien Digital Natives und somit seien sie automatisch medienkompetent. Unsere Forschungsarbeiten zeigen, dass es wichtig ist, neue Technologien in bestehende Lern- und Lebensbiografien zu integrieren, um deren Akzeptanz und Nutzung zu fördern. Das Rahmenkonzept legt die Grundlage dafür, die verschiedenen Dimensionen von Kompetenz ganzheitlich – im lebensweltlichen Kontext der jeweiligen Generation – zu verstehen und weiterzuentwickeln.

Bedien- und Bewertungsfähigkeiten: Voraussetzung für souveränes Medienhandeln

Die instrumentell-qualifikatorischen, kognitiven und kritisch-reflexiven Dimensionen der Medien- und Digitalkompetenz sind Grundlage für einen selbstbestimmten Umgang mit Medien. Erstens umfasst dies die Bedienung digitaler Systeme, von Motorik bis zur Problemlösung. Zweitens geht es um die kognitive Auseinandersetzung mit Informationen, deren Suche und Bewertung sowie um Medienwissen. Drittens geht es bei der kritisch-reflexiven Fähigkeit um das kritische Auseinandersetzen mit und die Reflexion über die Inhalte und Bedingungen der Produktion von digitalen Medien. Des Weiteren gilt es, die Einflüsse von digitalen Medien und Systemen auf die eigene Person (reflexiv) als auch auf die Gesellschaft (kritisch) zu bewerten. Das Anliegen des Projekts Digitales Deutschland ist es jedoch zu betonen, dass für ein selbstbestimmtes Leben mit digitalen Medien ebenfalls die kreative, die affektive sowie die soziale Kompetenzdimension bedeutsam sind.

Die kreative Dimension: exploratives Handeln als Schlüssel zu mehr Verständnis von KI

In unserer Auseinandersetzung mit der kreativen Dimension zeigte sich, dass besonders der explorative Umgang mit KI-Anwendungen von großer Bedeutung ist. Beispielsweise haben wir in der Studie zum Umgang von Jugendlichen mit algorithmischen Empfehlungssystemen gesehen, dass Jugendliche durch ihre experimentelle Herangehensweise Gestaltungsmöglichkeiten in Apps wie TikTok oder Instagram entdecken, die dort nicht von vornherein angelegt waren. Sie nutzen die vorhandenen Strukturen auf kreative Art und Weise. Angesichts der Komplexität und Intransparenz vieler KI-Systeme scheint dieser Zugang besonders wichtig. Exploratives Denken und Handeln stärkt die Fähigkeit, KI-Anwendungen zu verstehen und sich Wissen über ihre Funktionsweise anzueignen. Mehr dazu haben wir interdisziplinär in unserem Magazin über Kreativität beleuchtet.

Die affektive Dimension: die Rolle von Emotionen

Auch die affektive Dimension, also der Umgang mit Gefühlen und Emotionen im Kontext digitaler Medien und KI, spielt eine wesentliche Rolle. Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass Emotionen maßgeblich beeinflussen, wie Menschen diese Technologien nutzen und wahrnehmen. Für eine nachhaltige Kompetenzförderung ist es daher entscheidend, emotionale Aspekte ernst zu nehmen. Nutzer*innen verarbeiten neue Technologien nicht nur rational, sondern auch emotional – was entscheidend für Akzeptanz und kritische Auseinandersetzung ist. Mehr dazu gibt es in unserem Magazin über Emotionen und KI.

Die soziale Dimension: Kompetenz in der Gemeinschaft

Die Auseinandersetzung mit der sozialen Dimension von Kompetenz zeigt, dass soziale Fähigkeiten bei der Digital- und Medienkompetenz stets eine Rolle spielen. Kompetenz entwickelt sich im sozialen Miteinander (weiter). Zugleich hat sie gesellschaftliche Teilhabe zum Ziel, die wiederum eng mit Begriffen verbunden ist, die sich mit sozialer Kompetenz in Verbindung bringen lassen.

KI-bezogene Kompetenzen: kritisches Denken und Verantwortung

Mit dem Aufstieg von KI-Systemen ist auch der Bedarf an KI-spezifischen Kompetenzen gewachsen. Bezogen auf den Gegenstandsbereich der KI-Technologie umfasst Digitalkompetenz folgende Aspekte – wir sprechen dabei von „KI-bezogener Kompetenz“:

das Bewusstsein und das Wissen über die Rolle von KI-getriebenen Prozessen in digitalen Medien und Anwendungen (Online-Apps, Social-Media-Plattformen, Online-Dienste)

zumindest allgemeines Wissen über die Funktionsweise von KI-Anwendungen

die Fähigkeit, KI-geprägte Entscheidungen kritisch und affektiv zu bewerten und zu hinterfragen und die Konsequenzen für sich und die Gesellschaft zu bewerten

die Fähigkeit, mit dem Einfluss von KI-Anwendungen umzugehen sowie diese ggf. zu bewältigen und zu beeinflussen und mit dieser sozial verantwortlich umzugehen.

Die Kompetenzdimensionen decken drei Bereiche ab: den kognitiven, den affektiven und den handlungsbezogenen Bereich. Im kognitiven Bereich geht es um die Wahrnehmung und Bedeutungskonstruktion von KI, während der affektive Bereich die affektive und emotionale Einordnung des Umgangs mit KI behandelt. Der handlungsbezogene Bereich umfasst Praktiken des kreativen, selbstbestimmten und sozial verantwortlichen Umgangs mit KI-Technologien. Eine KI-kompetente Person ist in der Lage, fundierte Bewertungen über KI-Technologien vorzunehmen und mit den ethischen Fragen umzugehen, die sich dabei stellen.

Ganzheitliche Kompetenzentwicklung für alle Generationen

Mit dem Rahmenkonzept haben wir die Basis für eine ganzheitliche Betrachtung der vorhandenen Kompetenzen in der Bevölkerung geschaffen. Die medienpädagogische Praxis und Forschung, aber auch die Verwaltung und Politik muss die unterschiedlichen Kompetenzdimensionen in den Fokus rücken. Über diese Kompetenzdimensionen ist es möglich, eine gegenstandsbezogene Konkretisierung des Kompetenzbegriffs als Grundlage der empirischen Arbeit sowie auch der pädagogischen Praxis zu entwickeln.