Das Verhältnis von Subjekt und Medien angesichts algorithmischer Empfehlungssysteme. Überlegungen aus tätigkeitstheoretischer Perspektive

Kurzbeschreibung

Der Artikel reflektiert auf Basis einer qualitativen Studie zum Umgang mit algorithmischen Empfehlungssystemen die Begriffe Subjekt und Medien. Ausgehend von diesen Überlegungen wird dargestellt, welche Anforderungen sich an Medienkompetenz stellen, wenn das Medienhandeln von Subjekten und die Operationen von algoritmischen Systemen ineinandergreifen.

Annahmen über die Folgen der Digitalisierung

Die Autoren identifizieren mehrere mediale Kontexte, die dem Medienhandeln heutzutage innewohnen. Zum einen bewegt sich Medienhandeln immer in einem Spannungsfeld zwischen Selbst- und Fremdbestimmung. Denn Menschen können zwar gezielt in medialen Räumen handeln, jedoch bestimmen Algorithmen, z.B. durch die Empfehlung bestimmter Inhalte, auch mit, was Kompetenzträger*innen angezeigt wird. Dementsprechend müssen Kompetenzträger*innen, um ihre Ziele verfolgen zu können, diese verteilte Handlungsmacht reflektieren. Zum anderen ist die Art und Weise, wie Menschen mit algorithmischen Empfehlungssystemen umgehen durch ihr Wissen sowie ihre Vorstellungen über die deren Funktionsweise geprägt. Hier spielen auch gesellschaftliche Zusammenhänge eine Rolle. Vor diesem Hintergrund wird der Frage nachgegangen, inwiefern das in verschiedenen Medienkompetenzmodellen formulierte Ziel eines souveränen Handelns fragwürdig geworden ist.

Kompetenzanforderungen

keine Angabe

Kompetenzdimensionen

Keine Angabe

Zentrale theoretische Annahmen über Kompetenz

Der Begriff der Medienkompetenz geht mit einem Verständnis eines zu souveränem Handeln fähigen Subjekts einher. Die Förderung von Medienkompetenz ist eine zentrale Aufgabe der Medienpädagogik. Dabei entstehen Kompetenzanforderungen stets in einem Zusammenspiel aus Nutzungsmotiven, äußeren Bedingungen der Lebenswelt, der Beschaffenheit und Funktionsweise medialer Angebote sowie kulturellen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.

Perspektive der Kompetenzträger*innen auf Kompetenz einbezogen?

keine Angabe

Lebenskontexte der Kompetenzträger*innen einbezogen?

Im Rahmen der Studie wurde auf eine möglichst große Bandbreite an sozialstrukturellen Merkmalen auf individueller Ebene geachtet, darunter die Einbeziehung von Jugendlichen mit unterschiedlichen formalen Bildungshintergründen, eine Gleichverteilung der Geschlechter und die Berücksichtugung von Menschen mit Migrationshintergrund.

Herausforderungen der Erfassung von Kompetenz

Die dem Text zugrunde liegende Studie fokussiert auf Anwendungen mit algorithmischen Empfehlungssystemen. Diese werden definiert als "digitale Technologien, die Nutzenden Inhalte oder Produkte vorschlagen und zu deren Vorauswahl die individuellen Daten der Nutzenden verarbeiten, die diese bei ihrem Medienhandeln zuvor generiert hatten" (S. 140). Diese kommen beispielsweise in gängigen Social-Media-Anwendungen, Streaming- und Video-Portalen, Verkaufsplattformen und Suchmaschinen vor. Dabei verfolgen die Anbietenden, die solche Systeme einsetzen, als Ziele vor allem, das Engagement der Nutzenden auf der jeweiligen Plattform sowie die User-Bindung zu verstärken.

Zentrale empirische Befunde über Kompetenz

Die Ergebnisse der Studie verweisen darauf, dass Medienkompetenz nicht ohne gesellschaftliche Zusammenhänge gedacht und auch gefördert werden kann. Kompetenzen können nur im Handeln mit der Umwelt erworben werden.

Quellenangabe

Brüggen, N., Lauber, A., & Schober, M. (2022). Das Verhältnis von Subjekt und Medien angesichts algorithmischer Empfehlungssysteme. Überlegungen aus tätigkeitstheoretischer Perspektive. merzWissenschaft, 131-144.

Sonstige Anmerkungen

Die Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass allen Jugendlichen bewusst ist, dass algorithmische Empfehlungssysteme ihre persönlichen Daten auswerten, jedoch unterscheiden sich die Befragten deutlich bezüglich ihrer Annahmen, wie Daten verarbeitet werden und was das in der Konsequenz für das eigene Medienhandeln bedeutet. Ein Großteil der befragten Jugendlichen hinterfragt die Existenz algorithmischer Empfehlungssysteme nicht weiter, sondern nimmt sie als gegeben hin. Obgleich die Jugendlichen wissen, dass algorithmische Empfehlungssysteme auswerten, sind sie überzeugt, selbst nichts dagegen tun zu können - sobald sie solche Apps nutzen. Mehr Handlungsmacht - im Sinne dessen, dass sich die Jugendlichen in einer aktiven Rolle sehen - schreiben sich diejenigen zu, die sich entweder Wissen über algorithmische Empfehlungssysteme angeeignet oder auf Erfahrungen basierte Vermutungen haben.

Zuletzt geändert am 21. Dezember 2022.