Evaluation of an e learning platform promoting electronic personal health record competence: a pilot trial in older adults
Kurzbeschreibung
Kann eine E-Learning-Plattform zum Umgang mit der elektronischen Patientenakte (ePA) dazu beitragen, digitale Gesundheitstechnologien für ältere Menschen zugänglicher zu machen? Dieser Frage geht die folgende Studie nach. Dazu wurde sowohl Wissen über die ePA erfasst als auch Kompetenzen im Umgang mit dieser digitalen Anwendung – in Bezug auf Informationssuche, digitale Verwaltung und das Erteilen von Zugriffsrechten. Desweiteren wurde die Intention der 28 Befragten erfasst, die elektronische Patientenakte zukünftig zu nutzen, und ihre Bewertung der Bedienfreundlichkeit der Lernplattform. Der Lernplattform liegt das DigComp-Modell zugrunde. Im Ergebnis zeigt sich zwar eine hohe Nutzer*innenfreundlichkeit der Plattform und ein großer Wissens- und Kompetenzzuwachs. Doch die Bereitschaft der Teilnehmenden, die elektronische Patientenakte künftig zu nutzen, sank.
Annahmen über die Folgen der Digitalisierung
Mit der gestiegenen Lebenserwartung älterer Menschen werden gesundheitliche Dienstleistungen häufiger in Anspruch genommen. Vor diesem Hintergrund gehen die Autor*innen davon aus, dass der Einsatz der elektronischen Patientenakte (ePA) Gesundheitsausgaben senken und zu einer effizienteren cross-sektionalen Gesundheitsversorgung führen kann. Zudem sehen sie die Nutzung der ePA als Mittel, um den eigenen Gesundheitszustand und die damit verbundenen Daten autonomer zu kontrollieren, etwa durch das Recht von Patient*innen, selbst zu entscheiden, wem welche Zugriffsrechte auf welche Daten gestattet werden. Mit der elekronischen Patientenakte werden zahlreiche Chancen verbunden, zum Beispiel dass sie dazu beiträgt, Behandlungsfehler und Doppeluntersuchungen zu vermeiden. Doch die Bereitschaft der deutschen Patient*innen, die elekronische Patientenakte zu nutzen, liegt weit hinter den Erwartungen. Digitale Tranings erscheinen als wichtig, um Selbstwirksamkeit zu stärken und Wissen sowie Kompetenz auszubauen – all dies wiederum relevante Aspekte, um langfristig digitale Gesundheitstechnologien zu nutzen.
Kompetenzanforderungen
Aus den Inhalten der Lernplattform lassen sich folgende Kompetenzanforderungen an Menschen im höheren Lebensalter ableiten: Sie sollen erstens auf ihre elektronische Patientenakte zugreifen können und das ihr zugrunde liegende Konzept verstehen, zweitens in der Akte enthaltene Informationen sowie Daten verwalten und darin digitale Inhalte abspeichern können, drittens Gesundheitsinformationen in die Akte hinzufügen, viertens Gesundheitsdaten innerhalb der elektronischen Patientenakte teilen sowie fünftens über Wissen zu Sicherheit und Datenschutz bei der elektronischen Patientenakte verfügen.
Kompetenzbegriffe (nach dem Papier)
ePHR Competence | Digital Competence | eHealth Literacy
Unterdimensionen (nach dem Papier)
Basics of the ePHR,
Managing health data,
Adding health data,
Sharing health data,
Security of health data
Kompetenzdimensionen (nach dem Rahmenkonzept von Digitales Deutschland)
Instrumentell-qualifikatorische Dimension: Auf die elektronische Patientenakte zugreifen; Dokumente hochladen; Meta-Daten eintragen; Gesundheitsdaten teilen; Zugriffsrechte verteilen; Nutzung/Umgang mit Patientenportalen und -akten, e-health-Lernplattformen.
Kognitive Dimension: Wissen über Ziele und Funktionsweise der elektronischen Patientenakte; Informationen in der elektronischen Patientenakte suchen und managen; Dokumente in der elektronischen Patientenakte verwalten; sich zur Sicherheit von Gesundheitsdaten in der elektronischen Patientenakte informieren.
Kritisch-reflexive Dimension: Erteilen von Zugriffsrechten für ausgewählte Gesundheitsakteure.
Zentrale theoretische Annahmen über Kompetenz
Digitale Kompetenzen werden durch entsprechendes Wissen, Fähigkeiten sowie eine bestimmte Haltung gegenüber neuen Technologien definiert. Lernplattformen und eine begleitende Unterstützung können dazu beitragen, dass sich die Nutzenden Inhalte und Fähigkeiten aneignen, um die elektronische Patientenakte souverän zu nutzen. Computergestützte Interventionen können also die eHealth-Literacy älterer Menschen erheblich verbessern.
Perspektive der Kompetenzträger*innen auf Kompetenz einbezogen?
keine Angabe
Lebenskontexte der Kompetenzträger*innen einbezogen?
Ob ältere Menschen digitale Anwendungen zukünftig nutzen wollen, hängt nicht nur an Kompetenz und Wissen, sondern auch an persönlichen Eigenschaften (zum Beispiel chronischen Erkrankungen), Bedingungen des sozialen Umfelds und technologischen Aspekten. Gründe, wieso die elektronische Patientenakte bislang eher wenig genutzt wird, sind entsprechend vielfältig. Sie reichen von fehlendem Zugang und Unterstützung, über die Komplexität der Technik, eine geringe digitale Kompetenz, mangelnde Technologieakzeptanz, einen nicht wahrgenommenen Mehrwert von Technik, Sicherheitsbedenken bis zu sozioökonomischen Faktoren. Diese Faktoren würden ältere Menschen besonders stark in ihrer Haltung beeinflussen, da sie weniger Erfahrungen im Umgang mit Computern und Smartphones hätten, eine niedrigere Selbstwirksamkeit zeigten und sich teilweise nicht bewusst seien, dass solche Anwendungen verfügbar sind. Ein praktischer Umgang mit komplexen technologischen Systemen und eine gezielte Förderung der Digitalkompetenzen könnten hier Abhilfe verschaffen. Zum Design der Studie ist zu sagen, dass Ältere mit schweren kognitiven und motorischen Beeinträchtigungen ausgeschlossen wurden, da sie die Aufgaben nicht eigenständig hätten erledigen können. Zudem setzte eine Teilnahme an der Studie den Zugang zu einem digitalen Gerät sowie grundlegende digitale Fähigkeiten voraus.
Herausforderungen der Erfassung von Kompetenz
Da viele Studien auf Selbsteinschätzungen zu Kompetenzen beruhen statt diese zu testen, ist es möglich, dass wir einen verzerrten Eindruck von den Fähigkeiten älterer Menschen im Umgang mit der elektronischen Patientenakte haben. Um die Kompetenzen im Umgang mit der elektronischen Patientenakte zu erfassen, haben die Autor*innen neben einem Wissenstest mit zwölf Single-Choice-Fragen drei Aufgaben in Form von interaktiven Mockups zur elektronischen Patientenakte erstellt. Die Teilnehmenden sollten erstens eine bestimmte Information in einem Dokument inneralb der ePA suchen, zweitens ein Dokument in die ePA hochladen und mit Metadaten versehen und drittens einem bestimmten Gesundheitsanbieter Zugriffsrechte erteilen. Die Zeit, die die Teilnehmenden benötigten, um die Aufgabe erfolgreich zu erledigen, war ein Gradmesser für die Bewertung ihrer Kompetenzen. Ein weiterer war ihre Eingenständigkeit. Je weniger Unterstützung sie brauchten, desto besser fiel die Benotung ihrer Kompetenzen aus. Einschränkend gilt anzumerken, dass keine validierten Instrumente zum Einsatz kamen. Zudem könnten die Teilnehmenden im Posttest die richtige Lösung wiedererkannt haben, da die Aufgaben und Fragen vor und nach der Nutzung der Lernplattform dieselben waren. Diesem Effekt wurde allerdings mit mehreren Maßnahmen versucht vorzubeugen, zum Beispiel indem die Reihenfolge der Fragen geändert wurde.
Zentrale empirische Befunde über Kompetenz
Der Wissenstest zeigte keine signifikanten Unterschiede in der Qualität des Lernzuwachses. Zudem benötigten beide Altersgruppen im Kompetenztest nach der einwöchigen Nutzung der Lernplattform deutlich weniger Zeit, um die Aufgaben zu lösen. Insgesamt profitierten beide Altersgruppen also gleichermaßen von der Lernplattform und im Nachhinein waren sie effizienter im Umgang mit elektronischen Patientenakte. Eine signifikante Verbesserung von Kenntnissen und Fähigkeiten führt allerdings nicht zwangsläufig zu einer gesteigerten Absicht, die elektronische Patientenakte künftig zu nutzen. Die Autor*innen führen dies auf die Auseinandersetzung mit den Prozessen und Implikationen, die die elektronische Patientenakte mit sich bringt, zurück.
Quellenangabe
Perotti, L., Stamm, O., Ferizaj, D., Dietrich, M., Buchem, I., & Müller Werdan, U. (2025). Evaluation of an e learning platform promoting electronic personal health record competence: a pilot trial in older adults. BMC Public Health, 25(1016), 1–18. https://doi.org/10.1186/s12889-025-22242-0
Sonstige Anmerkungen
In beiden Altersgruppen wurden mindestens 80 Prozent der Lerneinheiten absolviert. Dabei haben sich die Über-65-Jährigen in der Trainingswoche signifikant häufiger in die Lernplattform eingeloggt und doppelt so viel Zeit auf der Lernplattform verbracht als die „jungen Alten“. Der Chatbot wurde von beiden Gruppen nur selten genutzt. Beide Altersgruppen unterschieden sich nicht signifikant darin, wie sie die Bedienfreundlichkeit der Lernplattform einschätzen.