Kompetenzen gegen Fake News – Untersuchung der Rolle von Datenkompetenz und kritischer Medienkompetenz im Kampf gegen Desinformation
Kurzbeschreibung
Welche digitalen Kompetenzen benötigen Social-Media-Nutzer*innen angesichts von Desinformationen? Diese Frage steht im Mittelpunkt des vorliegenden Beitrags. Für den Umgang mit Desinformation sind vor allem Critical Media Literacy und Data Literacy relevant. Ausgehend von diesen beiden Konzepten entwickeln die Autor*innen ein neues Kompetenzmodell – das „Synergistic Literacy Model against Disinformation“ –, um vor allem rechtsextreme Desinformation zu bekämpfen. Dieses kombiniert Data Literacy und Critical Media Literacy und beschreibt, dass verschiedene Kompetenzen dazu beitragen, Menschen zu einem Leben in der Kultur der Digitalität zu befähigen. Das neue Modell soll zum einen als Grundlage dienen, um die Wirkung von Bildungsmaßnahmen einzuschätzen, und zum anderen als Inspiration, um neue Kombinationen von Kompetenzkonzepten zu entwickeln.
Annahmen über die Folgen der Digitalisierung
Menschen leben durch den digitalen Wandel in einer Welt, die auf der einen Seite vom gemeinschaftsstiftenden Potenzial und Beteiligungsmöglichkeiten des Internets profitiert, in der auf der anderen Seite aber angesichts von Social Media auch Gefahren für die Demokratie bestehen. Denn digitale Plattformen sind ein beliebter Ort, um rechtsextreme Inhalte und Desinformationen zu verbreiten. Dadurch wächst das Risiko, Desinformationen und Propaganda zu begegnen, vor allem für Jugendliche, da sie gezielt angesprochen werden. Da rechtsexterme Gruppen Inhalte häufig auf subtile Art verbreiten, benötigen Individuen spezielle Kompetenzen, um nicht Opfer von Desinformation und Propaganda im digitalen Raum zu werden. Zudem geht mit der Digitalisierung eine zunehmende Datafizierung einher. Das heißt, es werden immer mehr Daten erhoben und gespeichert. Dadurch werden auch Fähigkeiten relevanter, mit Daten umgehen zu können. Denn nur so können Menschen diese zu ihrem Vorteil nutzen. Insgesamt wird es angesichts der Digitalisierung und Fortschritten bei Künstlicher Intelligenz notwendig, das Konzept Medienkompetenz zu verfeinern, da dieses aus einer Zeit analoger Medien stammt. Zudem entstehen dadaurch neue Kompetenzbegriffe, wie etwa Big Data Literacy.
Kompetenzanforderungen
Um sich kritisch mit Medieninhalten auseinandersetzen zu können, müssen Nutzende nicht nur Informationen suchen, auswählen, bewerten und interpretieren können, sondern ebenfalls zugrundeliegende Daten. Zudem benötigen sie Wissen über Funktionsweisen von Medien (vor allem von Social Media).
Kompetenzbegriffe (nach dem Papier)
Critical Media Literacy | Data Literacy
Unterdimensionen (nach dem Papier)
Awareness,
Reflection,
Empowerment (Critical Media Literacy),
Data Thinking,
Data Doing,
Data Participation (Data Literacy)
Kompetenzdimensionen (nach dem Rahmenkonzept von Digitales Deutschland)
Kognitive Dimension: Sich bewusst sein, dass Desinformationen existieren und einem begegnen können; Wissen über verschiedene Formen der Desinformation und Manipulation; vertieftes Verständnis für die Funktionsweise von (Online-)Medien, einschließlich Algorithmen; Verständnis von Algorithmen.
Kritisch-reflexive Dimension: Informationen anhand bestimmter Kriterien wie Glaubwürdigkeit, Quelle und Qualität kritisch bewerten; mit Medien verantwortungsvoll umgehen; sich kritisch mit Medienformen auseinandersetzen; Medienwirkungen entdecken; alternative Medien dekonstruieren; gründlich überlegen, bevor ein Artikel geliked oder geteilt oder eine Schlagzeile für bare Münze genommen wird; Zweifel an bestimmten Inhalten erkennen, äußern sowie die eigenen Gedanken ausdrücken können.
Zentrale theoretische Annahmen über Kompetenz
Der Beitrag stellt zwei Kompetenzbegriffe in den Mittelpunkt – Critical Media Literacy und Data Literacy. Diese lassen sich aus Sicht der Autor*innen gut verknüpfen. Critical Media Literacy ist heutzutage eine Schlüsselkompetenz. Sie geht über den Begriff der klassischen Medienkompetenz hinaus und betont insbesondere die kritische Auseinandersetzung mit Machtdynamiken und Ideologien, welche Medieninhalte und deren Repräsentation im Diskurs beeinflussen. Sie umfasst also mehr als die Analyse von Medieninhalten. Der Begriff Data Literacy hat sich aus dem neueren Kompetenzbegriff Information Literacy heraus entwickelt. Damit werden Fähigkeiten beschrieben, um sich in einer zunehmend datafizierten Umgebung zurechtzufinden. Definitionen von Data Literacy sind unterschiedlich konkret, unterstreichen jedoch alle die Vielschichtigkeit des Begriffs und sind mit einer Aufforderung zum Handeln verbunden. Die Grenzen zwischen verschiedenen Kompetenzbegriffen, wie zum Beispiel Information oder Digital Literacy, verschwimmen jedoch.
Perspektive der Kompetenzträger*innen auf Kompetenz einbezogen?
keine Angabe
Lebenskontexte der Kompetenzträger*innen einbezogen?
Kompetenzerwerb wird als gesellschaftliche Aufgabe verstanden. Das bedeutet, dass es Ressourcen auf individueller, bildungsbezogener und politischer Ebene bedarf, um Kompetenzen zu erwerben. Zunächst ist eine digitale Infrastruktur nötig, die Lerngelegenheiten bietet. Für diese sollten sich Entwickler*innen bereits in der Konzeption an den Bedarfen der Lernenden orientieren. Lerngelegenheiten lassen sich beispielsweise in Games einbinden. Spiele, die speziell zum Thema Desinformation entwickelt wurden, haben allerdings die Einschränkung, dass sie nur diejenigen erreichen, die bereits daran interessiert sind, sich genauer mit dem Thema zu beschäftigen. Um eine größere Zielgruppe anzusprechen, müssten Lerngelegenheiten auch in Spiele integriert werden, die an sich auf ein breiteres Spektrum ausgerichtet sind. Lernende sind nicht allein verantwortlich, sich Kompetenzen anzueignen. Auch Bildunginstitutionen müssen passende Rahmenbedingungen schaffen. So bietet es sich an, Lerngelegenheiten so zu gestalten, dass sie mehrere Sinne der Kompetenzträger*innen ansprechen - zum Beispiel indem unterschiedliche Formate, wie Texte, Videos etc. eingebunden werden. Optimalerweise versetzt der Lernprozess die Kompetenzträger*innen zusätzlich in die Lage, auch anderen etwas beibringen zu können.
Herausforderungen der Erfassung von Kompetenz
keine Angabe
Quellenangabe
Soßdorf, A., Stein, C., Bezzaoui, I., & Fegert, J. (2024). Kompetenzen gegen Fake News: Untersuchung der Rolle von Datenkompetenz und kritischer Medienkompetenz im Kampf gegen Desinformation. MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, 59, 55–76. https://doi.org/10.21240/mpaed/59/2024.04.10.X