Selbsteinschätzung digitaler Kompetenzen bei Studierenden
Kurzbeschreibung
Wie lassen sich digitale Kompetenzen von Studierenden messen? Und wie schätzen Studierende ihre digitalen Kompetenzen ein? Diesen Fragen geht die vorliegende Studie nach. Dazu wird zunächst in einem Kompetenzrahmen (dem Digital Transformation Cube) skizziert, welche digitalen Kompetenzen Studierende generell benötigen. Die darauf aufbauende Befragung fokussiert sich auf Erstsemesterstudierende an der Hochschule Esslingen. Anhand eines Online-Fragebogens, dem Digital Readiness Check, wird erfasst, wie Studierende ihre digitalen Fähigkeiten einschätzen und inwiefern diese mit ihrem tatsächlichen Wissen übereinstimmen. Zusammenfassend lässt sich sagen: Studierende neigen eher zur Überschätzung ihrer Fähigkeiten, allerdings an verschiedenen Fakultäten in unterschiedlichem Ausmaß.
Annahmen über die Folgen der Digitalisierung
In Zukunft werden Arbeitgeber*innen angesichts des digitalen Wandels zunehmend verlangen, dass Mitarbeitende über digitale Kompetenzen verfügen. Hochschulen tragen vor diesem Hintergrund eine besondere Verantwortung, denn sie bilden die künftigen Arbeitskräfte aus und sind maßgeblich für deren digitale Kompetenz verantwortlich.
Kompetenzanforderungen
Studierende sollen unter anderem in der Lage sein, digitale Werkzeuge zu nutzen, neue Technologien zu erfassen und den digitalen Wandel mitzugestalten.
Kompetenzbegriffe (nach dem Papier)
Unterdimensionen (nach dem Papier)
Informationen verarbeiten,
Digitale Inhalte erstellen,
Safety und Security,
Digitale Identität,
Digitale Technologien,
Problemlösung,
Kommunikation & Miteinander,
Data Science,
Digitale Architektur
Kompetenzdimensionen (nach dem Rahmenkonzept von Digitales Deutschland)
Instrumentell-qualifikatorische Dimension: Digitale Werkzeuge und Plattformen nutzen.
Kognitive Dimension: Wissen über digitale Prozesse und Technologien; digitale Transformationsprozesse verstehen.
Soziale Dimension: Zusammenarbeit in der digitalen Umgebung.
Zentrale theoretische Annahmen über Kompetenz
Von Kompetenz spricht man, wenn eine Person eine bestimmte Tätigkeit ausführen kann. Für den Begriff digitale Kompetenz gibt es keine allgemeingültige, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher Definitionen – je nachdem wer Kompetenzen für welche Zielgruppe beschreibt. In diesem Beitrag werden digitale Kompetenzen definiert als „Fähigkeiten, die zur Erreichung von verschiedenen und fortlaufenden Arbeitsniveaus zur Nutzung digitaler Werkzeuge und Arbeitsabläufe notwendig sind“ (S. 191). Kompetenzen lassen sich also systematisch sowohl in verschiedene Level als auch in Inhaltsbereiche unterteilen. Dabei beziehen sie sich nicht ausschließlich auf eine bestimmte Technologie. Digitale Kompetenzen sind erlernbar. Sie können also gezielt durch Bildungsmaßnahmen gefördert werden. Von diesen Prämissen ausgehend wird in vorliegendem Beitrag ein Kompetenzrahmen für Studierende eingeführt, der „Digital Transformation Cube“. Dieser wurde auf Basis verschiedener Kompetenzrahmen speziell für den Hochschulbereich entwickelt. An ihm wird deutlich, dass digitale Kompetenz nicht nur Wissen über digitale Technologien umfasst, sondern auch die Fähigkeit, dieses kompetent anzuwenden. Dieses wird in der Studie durch sogenannte Micro-Badges erfasst, die als Nachweis erlernter Kompetenzen dienen. Studierende müssen dafür jeweils einen oder mehrere Kurse mit einem Kompetenz-Check erfolgreich abschließen.
Perspektive der Kompetenzträger*innen auf Kompetenz einbezogen?
keine Angabe
Lebenskontexte der Kompetenzträger*innen einbezogen?
In der Studie wird vor allem der inhaltlichen Ausrichtung der Studiengänge der Befragten Aufmerksamkeit geschenkt, da sich Kompetenzanforderungen je nach Fachbereich unterscheiden können. Sie lassen sich grob unterteilen in die Fakultäten Informatik & Informationstechnik, Maschinen & Systeme, Soziale Arbeit, Bildung & Pflege, Wirtschaft & Technik, Mobilität und Technik, angewandte Naturwissenschaften sowie Energie- & Gebäudetechnik.
Herausforderungen der Erfassung von Kompetenz
In dieser Studie wurde ein Fragebogen eingesetzt, um Kompetenzen zu erfassen. Damit das funktioniert, müssen einige Herausforderungen bedacht werden. Denn Fragebogenerhebungen werden durch zahlreiche Faktoren beeinflusst, zum Beispiel die Anzahl der Befragten. Auch können einzelne Fragen gegebenenfalls zu schwer sein und unverhältnismäßig gewertet werden. Zudem muss die Antwortskala sorgfältig ausgewählt werden. In diesem Fall wurde eine Skala mit einer geraden Anzahl an Items gewählt, damit die Befragten nicht vor allem die mittlere Auswahloption wählen. Fehler können auch durch mangelnde Motivation der Befragten zustande kommen, beispielsweise wenn sie den Fragebogen schnell durchgehen und so Wissensfragen falsch beantworten, die sie mit etwas mehr Sorgfalt eigentlich gewusst hätten. Zudem können nicht alle digitalen Kompetenzen, die theoretisch im Digital Transformation Cube definiert wurden, auch im Erhebungsinstrument abgebildet werden. Dieses Problem lässt sich zwar durch mehr Fragen lösen. Gleichzeitg gilt es aber eine Balance zu schaffen, damit der Fragebogen nicht zu lang wird. Denn das erschwert wiederum die Durchführung der Studie.
Zentrale empirische Befunde über Kompetenz
Knapp die Hälfte der Befragten hat die eigenen Kompetenzen richtig eingeschätzt. Gut 40 Prozent der Studierenden haben ihre digitalen Kompetenzen überschätzt, während nur circa zehn Prozent sie unterschätzt haben. Zwischen den Fakultäten zeigen sich allerdings deutliche Unterschiede. So überschätzten sich an der Fakultät Wirtschaft und Technik mehr als die Hälfte der Studierenden im ersten Semester. Demgegenüber waren es an der Fakultät für Mobilität und Technik nur knapp 30 Prozent. Als eine Ursache erscheint demnach die Studienrichtung. Studierende technischer Studiengänge unterschätzten sich weniger als Befragte aus weniger technischen Disziplinen. Aus den Ergebnissen leiten die Autor*innen ab, dass sich Selbsteinschätzungen grundsätzlich eignen, um digitale Kompetenzen zu erfassen – jedoch nur unter bestimmten Bedingungen. So muss ein Korrekturfaktor berechnet und in die Auswertung einbezogen werden, um Über- und Unterschätzung auszugleichen.
Quellenangabe
Weyl, J. Rößler, A., & Roßdeutscher, M. (2024). Selbsteinschätzung digitaler Kompetenzen bei Studierenden. HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, 61, 189-201. https://doi.org/10.1365/s40702-023-01025-4