Young peoples’ perceptions of digital, media and information literacies across Europe: gender differences, and the gaps between attitudes and abilities

Kurzbeschreibung

Wie schätzen Jugendliche in Europa ihre digitalen Kompetenzen ein? Und als wie relevant erachten sie diese? Diesen Fragen geht die vorliegende Studie auf Basis einer Online-Befragung nach mit dem Ziel, daraus Empfehlungen für die Bildungspolitik abzuleiten. Im Ergebnis zeigen sich bei mehreren Themen Wissenslücken, zum Beispiel bei Themen wie Plagiat. Alles in allem fordern die Autor*innen, dass Schüler*innen Kompetenz in einem umfassenden Sinn lernen. Lehrende müssen zum Beispiel Schüler*innen vermehrt über Plagiate aufklären und ihnen helfen, solche zu vermeiden.

Annahmen über die Folgen der Digitalisierung

Der digitale Wandel bringt Veränderungen mit sich, zum Beispiel büßen Bibliotheken ihre Rolle als Gatekeeper zu Wissen etwas ein. Angesichts der vierten industriellen Revolution werden Digital, Media und Information Literacy weltweit als notwendig angesehen, um erfolgreich in der heutigen Gesellschaft zu handeln. Entsprechend gibt es sowohl auf Ebene der Länder als auch international immer mehr Rahmenwerke, die beschreiben, welche dieser Kompetenzen Schüler*innen sich in ihrer Schullaufbahn wie aneignen sollten.

Kompetenzanforderungen

Die Studie bezieht sich auf sechs Bereiche von Digital Literacy - darunter Zugang zu Informationen, Kommunikation mittels Informationstechnologien, kritische Auseinandersetzung mit Quellen, die Nutzung von digitalen Tools, ethisches Bewusstsein und Online-Sicherheit. Verschiede Aspekte erlangen angesichts der Digitalisierung zunehmende Bedeutung. Mit Blick auf Fake News wird zum Beispiel vor allem dem Bewerten von Informationen ein großer Stellenwert eingeräumt. Angesichts einer zunehmenden Bedeutung von Visuellem in Social Media ist zudem auch das Erstellen von Videos wichtiger geworden.

Kompetenzbegriffe (nach dem Papier)

Digital Literacy

Unterdimensionen (nach dem Papier)

Information Access,
Communicating using ICTs,
Critical Awareness of Sources,
Using Digital Tools,
Ethical Awareness,
Online Safety

Kompetenzdimensionen (nach dem Rahmenkonzept von Digitales Deutschland)

Instrumentell-qualifikatorische Dimension: Informationen mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKTs) abrufen; Digitale Tools (z.B. Programme für Textverarbeitung, Präsentationen und Tabellenkalkulationen) nutzen können; Wissen, wie man Videos, Podcasts oder Audiodateien plant, dreht, bearbeitet und sendet; Social Media in verschiedenen Kontexten angemessen nutzen; Online-Netzwerke für Lernzwecke nutzen.

Kognitive Dimension: Informationen mit Hilfe von IKTs finden; auf Informationen über Bibliotheken oder Archive zugreifen; das Internet zu Recherchezwecken nutzen; Wissen, wie man eine zuverlässige Website findet, um eine bestimmte Frage zu beantworten; Wissen, wie man zwischen zuverlässigen und unzuverlässigen Informationen und Informationsquellen unterscheiden kann; Wissen, was Spam ist, den Unterschied zwischen digitalen Identitäten und digitalen Fußabdrücken kennen.

Affektive Dimension: Wissen, was zu tun ist, wenn man im Internet etwas sieht, das einem Unbehagen bereitet; Online-Mobbing erkennen.

Kreative Dimension: Akzeptable digitale Identitäten schaffen.

Soziale Dimension: Am besten geeignete Werkzeuge für die digitale Interaktion mit Menschen unter verschiedenen Umständen/zu verschiedenen Zwecken auswählen; Wissen, wie man angemessen mit Menschen interagieren kann, die soziale Medien und Skype nutzen; bei der Zusammenarbeit die Ansichten und Wünsche anderer Personen berücksichtigen.

Kritisch-reflexive Dimension: Medieninhalte analysieren und bewerten können; voreingenommene Meinungen in Informationen erkennen; Plagiate vermeiden, indem man Werke anderer zitiert; Wissen, wie man angemessen mit Menschen interagieren kann, die soziale Medien und Skype nutzen; sich der Verantwortung bewusst sein, die man hat, wenn man die Arbeit anderer nutzt (z.B. Rechte an geistigem Eigentum); sich der Gefahren von Online-Kommunikation bewusst sein; Social Media in verschiedenen Kontexten angemessen nutzen; Spam und potenziell gefährliche E-Mails erkennen; für Sicherheit persönlicher Online-Informationen sorgen; Online-Mobbing erkennen.

Zentrale theoretische Annahmen über Kompetenz

Anstatt Digital, Media und Information Literacy getrennt zu betrachten, setzt es sich zunehmend durch, diese als miteinander verbunden zu sehen. Sie bilden also ein breiteres Kompetenzbündel. Dieses lässt sich als Digital Literacy oder Digital Competence betiteln - obgleich Competence und Literacy in der Forschung nicht immer synonym verstanden werden. Die Autor*innen verwenden in Anlehnung an die Definition der UNESCO (2018) den Begriff Digital Literacy. Dieser ist nach ihrem Verständnis eine Kombination aus Digital, Media und Information Literacy. Digital Literacy ist dabei nur eine von mehreren Komponenten einer übergreifenden Global Competence. Um diese zu konzipieren, stützen sich die Autor*innen auch auf das 3D Modell. Dieses wurde ursprünglich entwickelt, um Englischkompetenz zu analysieren. Durch seine Flexibilität lässt es sich aber auch für Digital Literacy einsetzen. Das Modell unterscheidet drei sich überlappende Dimensionen, nämlich operative, kulturelle und kritische Kompetenz. Operative Kompetenz umfasst Fähigkeiten, um mit verschiedenen Werkzeugen oder Prozessen auf einer funktionalen Eben umzugehen. Kulturelle Kompetenz bezieht sich darauf, wie Verständnis bzw. Bedeutung entsteht. Kritische Kompetenz verweist schließlich darauf, dass für ein vollständiges Verständnis kritische Auseinandersetzung nötig ist.

Perspektive der Kompetenzträger*innen auf Kompetenz einbezogen?

Die Studie fokussiert nicht nur, wie gut sich Jugendliche in bestimmten Tätigkeiten einschätzen, sondern auch, wie wichtig sie die abgefragten Kompetenzen finden.

Lebenskontexte der Kompetenzträger*innen einbezogen?

Die Ausgangssituationen, um Digital Literacy zu in der Schule zu entwickeln, sind in Europa höchst unterschiedlich. Nur manche Länder verpflichten Schulen dazu, Digital Literacy zu vermitteln. Jedoch wird auch in solchen Ländern häufig nicht überprüft, inwiefern Vorgaben dazu umgesetzt werden. Zudem ist die Umsetzung unterschiedlich organisiert. In einem föderalen Staat wie Deutschland liegt die Verantwortung für Regelungen zum Thema Digital Literacy nicht beim Bund, sondern bei den 16 Bundesländern und ist damit von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Im Rahmen der Studie wurden das Land, in dem die Jugendlichen wohnen, deren Alter, Geschlecht und Schulzugehörigkeit erhoben, in die Auswertung allerdings nur das Geschlecht systematisch einbezogen.

Herausforderungen der Erfassung von Kompetenz

Der Fragebogen stand allen Jugendlichen in englischer Sprache zur Verfügung. Dies ist eine Herausforderung, da englisch für viele Befragte nicht deren Muttersprache ist. Zudem misst die Studie nicht tatsächliche Kompetenzleistungen, sondern beruht auf Selbsteinschätzungen.

Zentrale empirische Befunde über Kompetenz

Die Ergebnisse werden im Folgenden entlang der Bestandteile von Digital Literacy geordnet. In Bezug auf das erste Element, den Zugang zu Informationen, zeigt sich: 94 Prozent der Schüler*innen finden es wichtig, über das Internet auf Informationen zugreifen zu können. Dies trauen sich auch 92 Prozent der Befragten zu. Hingegen bewertet nur etwa die Hälfte der Befragten ihre Fähigkeit, über Bibliotheken auf Informationen zuzugreifen, als positiv. Dies erachten auch nur etwa zwei Drittel als wichtig. Der zweite Bereich betrifft die Kommunikation mittels Informations- und Kommunikationstechnologien. Fast 40 Prozent der Schüler*innen können nach eigener Angabe Tabellenkalkulationen verwenden. Viele trauen sich zu, soziale Medien zum Lernen zu nutzen. Dies befinden allerdings nur etwa die Hälfte auch als wichtig. Dies ist mit 15 Prozentpunkten Abstand die größte Lücke zwischen Wichtigkeit und Selbsteinschätzung in dieser Richtung. Genau andersherum ist es, wenn es um ethische Aspekte (zum Beispiel die Vermeidung von Plagiaten) geht oder darum, Informationen kritisch zu bewerten. In diesen Fähigkeiten schätzen sich weniger Jugendliche als fähig ein als dies wichtig finden. So sehen etwa 68 Prozent der Schüler*innen es als wichtig an, Plagiate zu vermeiden, aber nur 51 Prozent können dies nach eigener Angabe gut. Ähnlich ist es, wenn es darum geht, Social Media angemessen in verschiedenen Kontexten zu nutzen. Beim Erstellen und Verbreiten von Videos und Podcast schätzen sich relativ wenige Befragte gut ein. Jeweils weniger als 50 Prozent gehen davon aus, dies zu können. Im Bezug zur Online-Sicherheit empfinden mehr als 80 Prozent der Schüler*innen die meisten abgefragten Fähigkeiten als wichtig. Ihre Fähigkeiten dahingehend schätzen vergleichsweise weniger als gut ein. In den Ergebnissen werden auch Unterschiede zwischen den Geschlechtern sichtbar. Vergleicht man Jungen und Mädchen, ergeben sich Unterschiede sowohl in der Selbst- als auch der Relevanzeinschätzung. Mit Blick auf alle 25 abgefragten Items stellen die Autor*innen fest: Mädchen berichten im Durchschnitt von höheren eigenen Kompetenzen und finden diese Fähigkeiten wichtiger.

Quellenangabe

Jones, S. L., & Procter, R. (2023). Young peoples’ perceptions of digital, media and information literacies across Europe: gender differences, and the gaps between attitudes and abilities. Technology, Pedagogy and Education, 32(4), 435–456. https://doi.org/10.1080/1475939X.2023.2210152

Zuletzt geändert am 18. Dezember 2024.