Zwischen Wirklichkeitskonstruktion, Kommunikation und Kompetenz – Was verändert sich durch Digitalität?
Kurzbeschreibung
Medienkompetenz und kommunikative Kompetenz sind in ihrem Ursprung untrennbar miteinander verbunden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwiefern sich in aktuellen Modellen medienpädagogischer Kompetenz entsprechende Bezüge zu kommunikativer Kompetenz finden. Dem geht Ann-Kathrin Watolla auf Basis einer Analyse von elf Kompetenzmodellen nach. Im Zentrum der Analyse stehen drei Kommunikationsformen, nämlich "Kommunikation mittels Medien", "Kommunikation mit medialen Angeboten" und "Kommunikation mit interaktiven Medien". Es zeigt sich, dass Kommunikation im medienpädagogischen Diskurs eher funktional verstanden wird. Dadurch bleibt außen vor, wie komplex menschliche Interaktionsprozessen sind.
Annahmen über die Folgen der Digitalisierung
Eine zunehmende Algorithmisierung beeinflusst, wie Menschen kommunikativ Wirklichkeit konstruieren. Zudem werden angesichts der Entwicklungen im Bereich Künstlicher Intelligenz medienbezogene interaktive Kommunikationsformen wichtiger und vermutlich zukünftig in Kompetenzmodellen auch verstärkt aufgegriffen.
Kompetenzanforderungen
Im Text werden unterschiedliche Kompetenzanforderungen thematisiert. Ausführlich sind diese unter der Überschrift "Kompetenzdimensionen" zusammengefasst.
Kompetenzdimensionen
Instrumentell-qualifikatorische Dimension: Mithilfe von Medien kommunizieren; Möglichkeiten der Automatisierung von wiederkehrenden Arbeits- und Verwaltungsprozessen umsetzen; eigene Unterrichtsmaterialen und -konzepte bereitstellen und teilen.
Kognitive Dimension: Automatisierte Abläufe analysieren und strukturieren; kritisch reflektierte Recherche; Möglichkeiten der Automatisierung von wiederkehrenden Arbeits- und Verwaltungsprozessen identifizieren; zwischen eigentlicher Wirklichkeit und virtuellen Welten in Medien unterscheiden.
Kreative Dimension: Automatisierte Abläufe modellieren.
Soziale Dimension: Interpersonale Kommunikation.
Kritisch-reflexive Dimension: Kritisch reflektierte Recherche und Bewertung medialer Angebote; zwischen eigentlicher Wirklichkeit und virtuellen Welten in Medien unterscheiden; algorithmische Strukturen und Funktionen kritisch reflektieren; vorhandene offene Bildungsressourcen für den eigenen Unterricht nutzen; interaktive Anwendungen gezielt einsetzen.
Zentrale theoretische Annahmen über Kompetenz
Dieter Baacke führte den Kompetenzbegriff in den medienpädagogischen Diskurs ein. Dabei orientierte er sich an Jürgen Habermas' Vorstellungen von kommunikativem Handeln. Medienkompetenz definiert er als "Fähigkeit, in die Welt aktiv aneignender Weise auch alle Arten von Medien für das Kommunikations- und Handlungsrepertoire von Menschen einzusetzen" (S. 61). Dabei hat sich Medienkompetenz als Begriff vor allem deshalb durchgesetzt, weil Medien die Art der Kommunikation stark beeinflussen. Medienkompetenz ist für Dieter Baacke ein Teil kommunikativer Kompetenz. Angesichts der Mediatisierung gewinnt Medienkompetenz als Teil kommunikativer Kompetenz an Bedeutung. Dennoch ist es weiterhin sinnvoll, beide Begriffe zu verwenden und Medienkompetenz als systematische Ausdifferenzierung kommunikativer Kompetenz zu verstehen.
Perspektive der Kompetenzträger*innen auf Kompetenz einbezogen?
keine Angabe
Lebenskontexte der Kompetenzträger*innen einbezogen?
keine Angabe
Herausforderungen der Erfassung von Kompetenz
keine Angabe
Zentrale empirische Befunde über Kompetenz
In den analysierten Kompetenzmodellen steht Kommunikation als Vermittlung von Informationen im Zentrum. Beispielsweise geht es darum, Kommunikationswerkzeuge zu nutzen. Es herrscht also ein funktionales Verständnis von Kommunikation vor. Häufig wird allerdings nicht zwischen Kommunikation in öffentlichen gegenüber privaten Räumen unterschieden. In allen Modellen wird deutlich, dass Kommunikation mit medialen Inhalten sowohl Rezeption als auch Produktion umfasst. Diese beiden Aspekte werden allerdings voneinander getrennt betrachtet. Die Wechselseitigkeit beider Prozesse bleibt unberücksichtigt. Dass Kommunikation über Bedeutungszuschreibungen funktioniert (also symbolisch geprägte Interaktionen beschreibt), wird in lediglich drei Modellen deutlich. In keinem Kompetenzmodell lassen sich Hinweise darauf finden, dass über Kommunikation Wirklichkeit konstruiert wird.
Quellenangabe
Watolla, A. (2024). Zwischen Wirklichkeitskonstruktion, Kommunikation und Kompetenz. Was verändert sich durch Digitalität? MedienPädagogik. Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, 58, 59–72. https://doi.org/10.21240/mpaed/58/2024.06.27.x