Ängste und Hoffnungen
Die Debatte über Künstliche Intelligenz in Social Media
Wie äußern Menschen in Deutschland ihre Ansichten über KI in Online-Kommentaren und welche Narrative entstehen dabei? Die Analyse von über 8.000 Kommentaren zeigt eine Vielzahl von Emotionen, die von Angst bis Hoffnung reichen. Während einige Nutzer*innen dystopische Befürchtungen artikulieren, betonen andere die positiven Potenziale der KI-Technologie. Diese Einsichten bieten wertvolle Perspektiven darauf, wie der Mediendiskurs unsere Einstellungen zu KI prägt und welche Kompetenzen im Umgang mit dieser Technologie erforderlich sind.
8.000 Kommentare analysiert: die Methodik der KI-Narrative Studie
Die qualitative Studie der Universität Siegen „Verhandlung von Künstlicher Intelligenz in Online-Kommentaren: KI-bezogene Narrative und Kompetenzen“ untersuchte, wie Menschen in Deutschland ihre Vorstellungen von KI in Online-Kommentaren äußern und welche Meinungen sie zum Thema Medienkompetenz vertreten. Für diese Analyse wurden mehr als 8.000 Kommentare auf Plattformen wie Instagram, YouTube, Facebook sowie auf den Nachrichtenportalen Spiegel Online und Zeit Online qualitativ ausgewertet.
Ambivalente Stimmung in den Kommentarspalten
Die Ergebnisse zeigen eine ambivalente Stimmung in den Kommentarspalten. Es gibt sowohl technikoptimistische als auch dystopische, technikpessimistische Narrative, die an Science-Fiction erinnern. Insbesondere auf YouTube sind die Kommentare häufig von Ängsten geprägt. Beide Narrative gelten als essenzielle Referenz für das Wissen der Kommentierenden über KI. Zudem prägen sie deren Meinung zu dieser Querschnittstechnologie. Viele technikpessimistische Verfasser*innen möchten sich die Technologie nicht aneignen. Sie äußern existenzielle Ängste, wie die Furcht vor dem Bösen oder einem Tod durch KI-Technologie, und zeigen Besorgnis über einen möglichen Kontrollverlust der Menschen über diese Technologie. Auch das Unbehagen an der Grenze zwischen Mensch und Technologie wird häufig thematisiert. In diesen angstgeprägten Kommentaren sind zahlreiche Bezüge zu Science-Fiction-Filmen wie Ex Machina, Terminator, Blade Runner oder Matrix erkennbar.
Gleichzeitig finden sich jedoch auch optimistische Stimmen, die KI als nützlich erachten und deren gesellschaftliche Vorteile betonen. Technikoptimistische Kommentierende sehen Potenzial in KI-Anwendungen, wie etwa bei Chatbots, die Menschen mit psychischen Erkrankungen unterstützen können. Bezüge und Abgrenzungen zu Science-Fiction verdeutlichen, wie gut ein Teil der Kommentierenden in der Lage ist, diese Technologien zu erklären, kritisch zu hinterfragen und emotional sowie sozial zu bewerten.
Verstehen und bewerten: Kompetenzen für den Umgang mit KI
Zusammenfassend zeigt die Studie, wie KI und die damit verbundenen Medienkompetenzen in Online-Kommentaren diskutiert werden. Sie illustriert, wie KI-Narrative in der Technikfolgenabschätzung aufgegriffen werden und welche Kompetenzanforderungen sich daraus ergeben. Nutzer*innen fordern umfassendes Wissen über KI-Technologien sowie eine kritisch-reflexive Bewertungs-, Daten- und Informationskompetenz. Darüber hinaus wird eine affektiv-soziale Medienkompetenz gefordert, um den Herausforderungen der digitalen Welt gerecht zu werden.
Die Ergebnisse der Studie sind in folgender Publikation kostenfrei zugänglich: Sūna, L.; Hoffmann, D. 2024: Verhandlungen von Künstlicher Intelligenz und zugehörigen Medienkompetenzen in Online-Kommentaren. MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung 2024 (Occasional Papers), 195-220. https://www.medienpaed.com/article/view/1846