Zwischen Fantasie und Realität
Welche Vorstellungen Kinder, Jugendliche und Erwachsene von Künstlicher Intelligenz haben
Künstliche Intelligenz (KI) ist längst Teil unseres Alltags – doch wie nehmen verschiedene Altersgruppen diese Technologie wahr? In diesem Blogbeitrag werfen wir einen Blick auf die unterschiedlichen Vorstellungen von KI bei Kindern, Jugendlichen und älteren Menschen mit Migrationsgeschichte. Entdecken Sie, wie Alltagstheorien unsere Wahrnehmung und den Umgang mit KI prägen und welche Impulse sie für die Förderung von Digital- und Medienkompetenz geben. Der Blogbeitrag basiert auf Ergebnissen von mehreren qualitativen Studien zu verschiedenen Altersgruppen, die unter anderem auch die Alltagsvorstellungen von KI untersucht haben.
Kinder und Jugendliche: vom Vagen zum Konkreten
Die Studien des JFF zeigen, dass bereits Kinder eine vage Vorstellung von KI-Anwendungen wie algorithmischen Empfehlungssystemen bei YouTube und Instagram haben und ihnen bewusst ist, dass ihr Handeln Einfluss darauf haben kann. Für die meisten befragten Kinder ist das Thema „Daten“ allerdings noch wenig relevant, was angesichts ihres Entwicklungsstandes und der dafür nötigen Abstraktionsfähigkeiten kaum überrascht. Erst mit steigendem Alter und wachsender Nutzungserfahrung entwickeln sie konkretere Annahmen. Solange noch ein vages Verständnis besteht, greifen sie oft auf fantasievolle sprachliche Bilder zurück, um die Funktionsweise der Angebote zu beschreiben. So haben sie etwa die Vorstellung, dass YouTube ein „Wunscherfüller“ sei oder wie eine „Bibliothek“ funktioniere, in der neben den Videos auch das Klickverhalten der Nutzer*innen gespeichert wird.
Jugendliche verstehen mit zunehmender Nutzung, dass algorithmische Empfehlungssysteme auf der Grundlage von Daten operieren, die sie selbst durch ihr Nutzungsverhalten generieren. Dabei beziehen einige von ihnen explizit Faktoren wie Geschlecht, Nutzungsdauer, Uhrzeit und Ort der Nutzung ein. Manche Jugendlichen äußern zudem die Vermutung, dass die Empfehlungssysteme auf Informationen außerhalb der jeweiligen Anwendung zugreifen, beispielsweise auf Suchmaschinenanfragen oder gespeicherte Kontakte auf dem Smartphone. Diese Vorstellungen spiegeln die Intransparenz der Angebote wider.
Menschen mit Migrationsgeschichte: KI als Gegenwartstechnologie
Die Studie der Universität Siegen zeigt, dass Menschen mit Migrationsgeschichte KI eher als Gegenwarts- und nicht als Zukunftstechnologie wahrnehmen, die ihren Alltag mal mehr, mal weniger bestimmt und anwendungsbezogen unterschiedlich herausfordert. Beispielsweise wurde das sichtbar in der Vielzahl von Annahmen über KI-basierte Empfehlungssysteme:
Popularitätstheorie: Bei einer Online-Suche werden allen die global populärsten Inhalte in gleicher Weise ausgespielt.
Theorie der persönlichen Interaktion: Diejenigen Inhalte, mit denen interagiert wird, werden häufiger angezeigt („Was ich like, kommt zu mir“).
Theorien der illegalen Überwachung: Nutzer*innen werden von den Tech-Konzernen umfänglich digital überwacht, um Inhalte und Werbung zu kuratieren.
Profil-Theorie: Tech-Unternehmen wie Amazon oder Google erstellen geografisch und kulturell geprägte Nutzer*innen-Profile, die zur Kuratierung der Ergebnisse genutzt werden.
Ältere Menschen mit Migrationsgeschichte: Technologie ohne das Label KI
Die Studie der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg zum Medienhandeln älterer Menschen mit Migrationsgeschichte zeigt, dass KI für die Befragten kein alltagsrelevanter Begriff ist. Sie verbinden mit digitalen Anwendungen, die auf der Basis von KI operieren (Navigationsfunktion, Spracheingabe), nicht den Begriff „KI“. Konkret auf das Smartphone bezogen, formulieren ältere Migrant*innen, dass dieses nicht nur eine wichtige Verbindung zur Heimat darstellt (Kontaktpflege mit entfernt lebenden Verwandten und Freund*innen), sondern auch unverzichtbar für die Alltagsnavigation ist (Spracheingaben, Übersetzungsfunktionen). Diese Gruppe zeigt, dass KI für viele Menschen eine zentrale Rolle in ihrem täglichen Leben spielt, auch wenn sie dies nicht so wahrnehmen.
Anknüpfen an Alltagserfahrungen, um Kompetenzen zu fördern
Die unterschiedlichen Wahrnehmungen und Vorstellungen über Künstliche Intelligenz unter Kindern, Jugendlichen und älteren Menschen mit Migrationsgeschichte zeigen, wie entscheidend es ist, auf der Grundlage der alltäglichen Erfahrungen der Menschen Bildungsangebote zur Förderung von Digital- und Medienkompetenz zu konzipieren.