„Altern mit neuen Medien – Wie wird das wohl mal bei mir sein?“
Autorin: Cornelia Bogen
Digitalkompetenzen im Alter gehen uns alle an
Chat GPT, Midjourney, DeepSeek – in immer kürzeren Zeitabständen erscheinen neue KI-Modelle, die uns zur kontinuierlichen Auseinandersetzung mit technischen Innovationen veranlassen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die heute Jungen und Erwachsenen bei ihrem Renteneintritt von Medientechnologien umgeben sein werden, mit denen sie weder aufgewachsen sind noch beruflich gearbeitet haben, ist somit sehr hoch. Wer wird ihnen dann die entsprechenden Digital- bzw. KI-Kompetenzen vermitteln und wie? Gibt es derzeit überhaupt einen Plan für den Digitalkompetenzerwerb im höheren Lebensalter?
Gegenwärtige Bildungsinitiativen für ältere Menschen
Im Rahmen des 2021 verabschiedeten Digitalpakts Alter sind über 200 Lern- und Erfahrungsorte für Ältere, etwa in Mehrgenerationenhäusern oder in Seniorenbüros und -vereinen aufgebaut worden, von denen einige als KI-Lernorte mit KI-basierten Geräten und Anwendungen ausgestattet sind und entsprechende Qualifizierungsangebote anbieten (BAGSO 2024). Doch vulnerable Gruppen wie etwa hochaltrige Frauen, ältere Migrant:innen, von Altersarmut oder -gefährdung Betroffene, Ältere auf dem Land, mit niedriger Bildung oder Behinderung werden kaum von diesen Angeboten erreicht (Bogen 2023). Der Hauptteil der Vermittlungspraxis wird von älteren, sich ehrenamtlich engagierenden Multiplikator:innen gestemmt, die zwar hoch motiviert, technikaffin und alterssensibel, aber (medien-)pädagogisch nur wenig geschult sind. Zudem konzentriert sich der Großteil der Weiterbildungsangebote bislang auf die Vermittlung von Wissen zur Gerätebedienung, während kritisch-reflexive, soziale, affektive oder kreative Fähigkeiten noch nicht ausreichend gefördert werden. Auf diese kommt es aber an, wenn Ältere den öffentlichen Diskurs und die Digitalisierung mitgestalten sollen und wollen (Hartung-Griemberg & Bogen 2023).
Baustelle: Dialog zwischen den Fachdisziplinen
Die entscheidenden Bezugsdisziplinen der altersbezogenen Digitalisierungsforschung – Gerontologie (Alternswissenschaft), Geragogik (Altersbildung) einerseits und Medienpädagogik (Pädagogische Forschung und Praxis mit Medien) andererseits – haben zwar vielfältige Gemeinsamkeiten in Bezug auf ihre Ziele (Partizipation, Kompetenz), arbeiten aber mit unterschiedlichen Leitbegriffen und theoretischen Konzepten. Hier bedarf es eines interdisziplinären Dialogs, in dem die Expertisen systematisch verschränkt werden und eine ganzheitliche und differenzierende Betrachtung der Besonderheiten des Alters gelingt. Nur so kann eine umfassende Grundlage für die zukünftige Forschung und Praxis geschafft werden, damit sowohl die heute Alten als auch die zukünftigen Alten an neuen Medienumgebungen lebensnah und bedürfnisadäquat partizipieren können.
Literatur
BAGSO (2024). Künstliche Intelligenz im Alltag älterer Menschen. 3. Aufl., September 2024. https://www.bagso.de/fileadmin/user_upload/bagso/06_Veroeffentlichungen/2024/Kuenstliche_Intelligenz_im_Alltag_aelterer_Menschen.pdf
Bubolz-Lutz, E., Engler, S., Kricheldorff, C., & Schramek, R. (2022). Geragogik. Bildung und Lernen im Prozeß des Alterns. Das Lehrbuch. 2. erw., überarb. Aufl. Kohlhammer
Hartung, A., Lauber, A., & Reißmann, W. (Hrsg.) (2013). Das handelnde Subjekt und die Medienpädagogik. Festschrift für Bernd Schorb. kopaed.