Erkenntnisse aus dem D21-Digital-Index 2024/25
Autorinnen: Laura Sūna & Dagmar Hoffmann
Die Nutzung des Internets scheint für die Mehrheit der Bevölkerung ein routiniertes Alltagshandeln zu sein. Gleichwohl dürfen die Gefahren digitaler Spaltung nicht aus dem Blick geraten. Schaut man sich die Gruppen der Wenig- und Nichtnutzer*innen näher an, so wird sichtbar, dass es sich dabei um Menschen handelt, die auch in anderen Lebensbereichen von sozialem Ausschluss bedroht sind (Herrmann et al. 2022). Es besteht gegenwärtig ein nicht unerhebliches Risiko, dass die Ungleichheit im Bereich des Zugangs zu digitalen Medien und der Fähigkeiten, diese zweckmäßig und partizipativ zu nutzen, größer wird (Wang et al. 2024). Die Frage der digitalen Ungleichheit und Resilienz steht im Fokus der aktuellen Ausgabe des D21-Digital-Index.
Allgemein begegnen Menschen dem digitalen Wandel mit einer mehr oder weniger ausgeprägten digitalen Resilienz. Besonders resilient sind Menschen, die die Chancen des digitalen Wandels nutzen und die damit verbundenen Herausforderungen meistern können. Konkret sind das die Fähigkeiten, Veränderungen zu antizipieren, zu akzeptieren und sich an diese anzupassen (D21-Digital-Index 2023/24).
Wer ist von der Digitalisierung „abgehängt“?
Die Basisdaten des D21-Digital-Index 2024/25 zeigen, dass rund 63 Prozent als resilient gegenüber dem digitalen Wandel eingestuft werden können. Jedoch verfügt nur knapp die Hälfte der Befragten über alle fünf digitalen Basiskompetenzen. Diese umfassen die Informations- und Datenkompetenz; Kompetenz für digitale Kommunikation und Kollaboration; Gestaltungskompetenz digitaler Inhalte, sicherer und das eigene Wohlbefinden stärkender Umgang mit digitalen Medien, sowie medienbezogene Problemlösekompetenz.
Unterschiede beim Digitalisierungsgrad sind weniger stark zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen vorhanden, als dies beim Grad der Resilienz der Fall ist. Insbesondere zwischen Männern und Frauen sowie zwischen Menschen mit hoher und mit niedriger Bildung wurden Unterschiede in der Resilienz festgestellt. Beispielsweise zeigt sich, dass Menschen mit höherem Bildungsabschluss Künstliche Intelligenz eher nutzen als Personen mit niedrigerem Bildungsabschluss. Eine geringe Resilienz birgt die Gefahr, dass Menschen, die heute noch digital teilhaben, mit der technologischen Entwicklung nicht Schritt halten können und später deswegen von Teilhabe ausgeschlossen werden. Da zunehmend Technologien generativer Künstlicher Intelligenz Einzug in die Alltagwelt der Menschen halten, ist es noch wichtiger zu schauen, inwiefern hier neue Ungleichheiten entstehen können.
Digitalkompetenz notwendig für Resilienz
Digitalkompetenz wird als ein zentraler Faktor für digitale Resilienz betrachtet, daher müsste eine mögliche Förderung hier ansetzen und die Gesellschaftsgruppen in den Fokus nehmen, die insgesamt die niedrigsten Werte im Bereich der fünf digitalen Basiskompetenzen aufweisen. Das sind insbesondere Menschen mit niedrigem Bildungsniveau sowie mit niedrigem Einkommen, Menschen ohne Beruf und ohne einen Bürojob. Ebenso weisen Kriegskinder und Angehörige der Nachkriegsgeneration die niedrigsten Werte bei der Digitalkompetenz auf. Siehe dazu die Abbildung 1.

Abbildung 1. Digitale Basiskompetenzen nach Soziodemografie (D21-Digital-Index 2024/25, S. 23). Pfeile und Kennzahlen beschreiben die Veränderung im Vergleich zu der Vorjahresstudie.
Kompetenzaneignung: Eine Frage der Bildung, des Berufs und des Alters
Die Aneignung von Digitalkompetenz muss heutzutage vermehrt außerhalb formaler Bildungskontexte stattfinden. Somit ist die Bevölkerung darauf angewiesen, Wissen und Fähigkeiten zu digitalen Medien selbstgesteuert anzueignen. Cotter und Reisdorf sprachen schon 2020 im Kontext des technologischen Wandels von einer Kluft des algorithmenbezogenen Wissens (algorithmic knowledge gap). Das meint: Wenn beispielsweise Menschen aus verschiedenen sozioökonomischen Milieus nicht den gleichen Zugang zum Wissen über Algorithmen und andere Technologien haben. Die Studienergebnisse des D21-Digital-Index zeigen, dass jede*r Vierte im Jahr 2024 keine neuen digitalen Fähigkeiten erlernt hat. 20 Prozent gaben an, formale Bildungsangebote genutzt zu haben, 65 Prozent haben auf einem informellen Weg Wissen zu digitalen Medien angeeignet. Keine Wissensaneignung erfolgte wieder bei den oben erwähnten Gruppen – bei Menschen im höheren Lebensalter in der Generation bis 1945, bei Menschen mit niedrigem Bildungsniveau sowie bei Menschen ohne Bürojob und ohne Beruf. Lebenslanges Lernen wird allen Gesellschaftsgruppen abverlangt, jedoch verdienen die genannten Gruppen ein besonderes Augenmerk bei der Entwicklung möglicher formeller Bildungsangebote, da sie Lerndefizite im Bereich des Digitalen kaum kompensieren können. Vor allem informelle Kontexte wie Familie und Freunde, aber auch die Möglichkeiten des Selbstlernens online stellen hier ein wesentliches Unterstützungspotenzial dar.
Minderung digitaler Spaltung
Andere Studien wie beispielsweise die von Wang et al. (2024) haben ebenfalls gezeigt, dass die Benachteiligung von spezifischen Gesellschaftsgruppen im Laufe der Zeit bestehen bleibt. Dies unterstreicht die Dringlichkeit externer Unterstützung und größerer Aufmerksamkeit für solche Nutzer*innengruppen seitens der KI-Entwickler*innen, der Bildungseinrichtungen und politischer Entscheidungsträger*innen. Denn nur so kann sichergestellt werden, dass diese Gruppen die gleichen Chancen wie andere haben, essenzielle Digitalkompetenzen zu erwerben. Initiativen im Rahmen von Bildungsprogrammen sollten sich vermehrt speziell bildungsbenachteiligter Nutzer*innen annehmen.
Zitationsvorschlag
Sūna, L.; Hoffmann, D. (2025). Wie lässt sich die digitale Spaltung der Gesellschaft überwinden? Erkenntnisse aus dem D21-Digital-Index 2024/25. Blog-Beitrag auf der Projektwebsite von Digitales Deutschland, online verfügbar unter https://digid.jff.de/wie-laesst-sich-die-digitale-spaltung-der-gesellschaft-ueberwinden
Literatur
Cotter, K., & Reisdorf, B., C. (2020). Algorithmic knowledge gaps: A new dimension of (digital) inequality. International Journal of Communication, 14, 745–765.
Herrmann, S., Lauber, A., Cousseran, L., Brüggen, N. (2022). Kompass: Künstliche Intelligenz und Kompetenz 2022. Typen im Umgang mit KI. JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. München: kopaed. https://doi.org/10.5281/zenodo.8245676
Initiative D21 e. V. (2024). D21-Digital-Index 2023/24. Jährliches Lagebild zur Digitalen Gesellschaft. https://initiatived21.de/publikationen/d21-digital-index/2023-24
Initiative D21 e. V. (2025). D21-Digital-Index 2024/25. Jährliches Lagebild zur Digitalen Gesellschaft. https://initiatived21.de/uploads/03_Studien-Publikationen/D21-Digital-Index/2024-25/D21DigitalIndex_2024-2025.pdf
Wang, C., Boerman, S. C., Kroon, A. C., Möller, J., & De Vreese, C. H. (2024). The artificial intelligence divide: Who is the most vulnerable? New Media & Society, 1–23. https://doi.org/10.1177/14614448241232345