Familie als Lernkontext

Wie Eltern Digitalkompetenzen vermitteln

Autorin: Laura Sūna

Familien können als Mediensozialisationskontexte bezeichnet werden, weil dort immer noch vorwiegend Kompetenzbildung stattfindet (Kammerl et al. 2022). Gleichzeitig sind Freundinnen und Freunde bedeutsame Ansprechpartner*innen von Kindern und Jugendlichen, wenn es um Medienthemen geht. Der schulische Kontext deckt die Vermittlung von Digital- und KI-Kompetenz nur punktuell ab (Vodafone Stiftung 2024). Somit sind Eltern gefordert, ihre Kinder bei der Digitalkompetenzaneignung zu begleiten und mögliche Chancen und Risiken der Technologie zu erkennen, gleichzeitig sehen sich Eltern vor die Herausforderung gestellt, die Technologien sich selbst zunächst einmal anzueignen und kompetent zu nutzen.

Eltern sind mit zahlreichen Kompetenzanforderungen konfrontiert, wobei sie aber einige subjektiv besonders verinnerlicht haben. Zentral sind Themen wie Anschaffung, Nutzung und Dauer von digitalen Geräten und Medieninhalten; Umsetzung von Praktiken des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre; Interaktionsrisiken im Kontext der Mediennutzung, die beispielsweise in Mobbing enden können; Umgang mit Online-Kostenfallen (Eggert et al. 2021; Schober et al. 2022; mpfs 2025; Hoffmann & Sūna 2025).

Digitalkompetenzen von Eltern

Wie gut Eltern mit diesen Kompetenzanforderungen umgehen können, ist unter anderem auf die Einschätzung ihrer medienbezogenen Fähigkeiten zurückzuführen. Wie die Studie Kompass 2023 (Cousseran et al. 2023; Brüggen et al. 2024) zeigt, haben Eltern intensiveren Umgang mit digitalen Geräten als Personen, die nicht mit minderjährigen Kindern zusammenleben. Besonders ausgeprägt sind die Unterschiede bei der Nutzung von Spielekonsolen und Tablets. Eltern nutzen zudem sowohl das Internet allgemein als auch manche speziellen Medienangebote, wie beispielsweise Messenger, häufiger.

Der Schutz der Privatsphäre ist Eltern ein wichtiges Anliegen. Im Vergleich zu Paaren und Menschen ohne Kinder geben Eltern eher an, sich um den Schutz der Privatsphäre zu kümmern. Das zeigt, dass sie sich intensiver mit diesem Thema auseinandersetzen (müssen). Eltern legen zudem einen großen Wert auf Bedienkompetenzen. Ihnen ist es wichtiger, Voreinstellungen ändern sowie technische Schwierigkeiten beheben zu können (Cousseran et al. 2023; BMFSFJ 2024). Im Bereich der kommunikativen Interaktion geben mehr Eltern an, sich mühelos mit anderen auszutauschen, angemessen auf Inhalte von anderen zu reagieren sowie sich selbst Grenzen zu setzen als Menschen ohne Kinder (Cousseran et al. 2023).

Insgesamt zeigen Studien, dass der sozio-ökonomische Status bedeutsam für den Medienumgang in der Familie ist: Die formale Bildung der Eltern hat insofern Einfluss auf die Medienbildung, als dass ein geringerer Bildungsstand häufig mit einem unkritischen eigenen Medienumgang der Eltern und geringem medienerzieherischen Engagement einhergeht. Auffällig ist, dass Eltern mit niedrigem Bildungsniveau weniger besorgt darüber sind, dass Kinder durch Medieninhalte emotional überfordert werden könnten als Eltern mit höherer Bildung (vgl. Paus-Hasebrink & Sinner 2021; Teichert et al. 2024).

Strategien des Umgangs mit den Herausforderungen: Medienerziehungsstile

Nicht alle Eltern nehmen Medienerziehung als essenziell wahr. Zudem ziehen sich viele mit zunehmendem Alter der Kinder aus der aktiven Vermittlerrolle zurück. In unterschiedlichen Studien wurden drei dominante Medienerziehungsstrategien von Eltern herausgearbeitet, die sich hinsichtlich Kompetenz sowie soziodemografischer Merkmale der Eltern unterscheiden (Wendt 2021; Teichert et al. 2024):

  1. aktive Medienerziehung (z.B. das gemeinsame Sprechen über Medieninhalte),
  2. restriktive Medienerziehung (z.B. das Setzen von zeitlichen oder inhaltsbezogenen Regeln),
  3. Parallelnutzung des Mediums ohne inhaltliche Diskussionen (z. B. Eltern schalten sich nicht aktiv in die Mediennutzung ihrer Kinder ein).

Die Medienerziehungsstile beschreiben den Umgang mit Medien, der sich je nach elterlicher Einstellung zwischen dem Einsatz von Restriktionen, der aktiven Begleitung der Mediennutzung sowie dem Ausbleiben einer aktiven Begleitung der Kinder bewegt (Teichert et al. 2024). Wie die konkreten Medienerziehungsstile von Eltern aussehen können, wird in den Persona-Steckbriefen sichtbar, die im Rahmen des Projekts Digitales Deutschland entwickelt worden sind (Sūna et al. 2024; Cousseran et al. 2024).

Kompetenzvermittlung an Kinder: eine Aufgabe für alle

Studien zufolge engagieren sich digital souveräne Eltern, vermehrt mit höherem sozio-ökonomischen Status, insgesamt stärker in der Medienerziehung und begleiten intensiver die kindliche Mediennutzung. Generell müssen jedoch alle Eltern in ihren vielfältigen Lebensformen dabei unterstützt werden, Kompetenzen und Zutrauen in die eigene Medienerziehung zu entwickeln (Wendt 2021, S. 561).

Gleichzeitig muss eine Verteilung der Verantwortung der Kompetenzvermittlung für Kinder auf unterschiedliche Akteure erreicht werden: neben Eltern müssen auch die Politik, Verwaltung, Tech-Konzerne und Bildungsinstitutionen vor allem präventiv mitwirken.

Mehr zu einigen der referierten Studien (Cousseran et al., 2023; Hoffmann & Sūna 2025; Schober et al. 2022; Teichert et al. 2024; Vodafone Stiftung 2024) erfahren Sie in der Literaturdatenbank.

Zitationsvorschlag

Sūna, Laura (2025). Familie als Lernkontext: Wie Eltern Digitalkompetenzen vermitteln. Blog-Beitrag auf der Projektwebsite von Digitales Deutschland, online verfügbar unter https://digid.jff.de/familie-als-lernkontext

Literatur

BMFSFJ, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2024). Familienreport 2024.

Brüggen, N., Lauber, A., Tausche, S., Herrmann, S., & Cousseran, L. (2024). Kompass: Künstliche Intelligenz und Kompetenz 2023 (Version 1.0.0) [Data set]. GESIS, Köln. https://doi.org/10.7802/2688

Cousseran, L., Sūna, L., Lauber, A. (2024). Auf dem Weg zu Personas. Digitalkompetenz von Eltern in ihrer Vielfalt adressieren. Im Rahmen des Projektes Digitales Deutschland.: https://digid.jff.de/magazin/transfer/auf-dem-weg-zu-personas-digitalkompetenz-von-eltern-in-ihrer-vielfalt-adressieren/

Cousseran, L.; Lauber, A.; Herrmann, S. Brüggen, N. (2023). Kompass: Künstliche Intelligenz und Kompetenz 2023. Einstellungen, Handeln und Kompetenzentwicklung im Kontext von KI. Herausgegeben vom JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. München: kopaed.

Eggert, S.; Oberlinner, A.; Pfaff-Rüdiger, S.; Drexl, A. (2021). Familie digital gestalten. FaMeMo – eine Langzeitstudie zur Bedeutung digitaler Medien in Familien mit jungen Kindern: München: kopaed.

Hoffmann, D.; Sūna, L. (2025). Zwischen Faszination und Ernüchterung – Verhandlungen über KI-bezogene Kompetenzen und digitale Souveränität. In: Hepp, A.; Kannengießer, S.; Pfadenhauer, M.; Wimmer, J. (Hrsg.) Zukunft der Medien – Medien der Zukunft (S. 161-177). Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-47029-6_12

Kammerl, R.; Lampert, C.; Müller, J. (2022) (Hrsg.). Sozialisation in einer sich wandelnden Medienumgebung Zur Rolle der kommunikativen Figuration Familie. Baden-Baden: Nomos Verlag. doi.org/10.5771/9783748928621

mpfs, Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (2025). JIM 2024. Jugend, Information, Medien Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland, https://mpfs.de/app/uploads/2024/11/JIM_2024_PDF_barrierearm.pdf

Paus-Hasebrink, I.; Sinner, P. (2021). 15 Jahre Panelstudie zur (Medien-)Sozialisation. Wie leben die Kinder von damals heute als junge Erwachsene? Nomos. doi.org/10.5771/9783748927723

Schober, M., Lauber, A., Bruch, L., Herrmann, S., & Brüggen, N. (2022). „Was ich like, kommt zu mir“. Kompetenzen von Jugendlichen im Umgang mit algorithmischen Empfehlungssystemen. kopaed. https://doi.org/10.5281/ZENODO.7437430

Sūna, L.; Cousseran, L.; Lauber, A.; Schober, M.; Hoffmann, D.; Brüggen, N. (2024). Personas zur Digital- und Medienkompetenz von Eltern mit minderjährigen Kindern. Im Rahmen des Projektes Digitales Deutschland. https://digid.jff.de/wp-content/uploads/2024/11/DigiD-Persona-Steckbriefe_Eltern_2024.pdf

Teichert, J., Meister, D. M., Pawelczig, A., Gerhardts, L. (2024). Elterliche Unterstützung beim digitalen Lernen der Kinder im Kontext ihrer alltagstheoretischen Überzeugungen. MedienPädagogik (Occasional Papers), S. 156–174. https://doi.org/10.21240/mpaed/00/2024.03.17.X

Vodafone Stiftung (2024). Pioniere des Wandels. Wie Schüler:innen KI im Unterricht nutzen möchten. https://www.vodafone-stiftung.de/wp-content/uploads/2024/03/Pioniere-des-Wandels-wie-Schueler-innen-KI-im-Unterricht-nutzen-wollen-Jugendstudie-der-VS-2024.pdf

Wendt, R. (2021). Digitale Medien im Alltag von Familien. Sachverständigenkommission des Neunten Familienberichts (Hrsg.): Eltern sein in Deutschland. Materialien zum Neunten Familienbericht. DJI Verlag: München.